Sacred Metal Page > Sacred Reviews > Power / US / "True" Metal > Kamelot : Poetry For The Poisoned

Kamelot : Poetry For The Poisoned

Disclaimer: Ja, ich habe Kamelot seinerzeit mit Sänger Mark Vanderbilt und dem Debüt kennengelernt, vergöttere aber dennoch auch ein paar der späteren Alben mit ex-Conception-Goldkehle Roy Khan ebenso.

So, das musste aus dem Weg gebracht werden, um den klassischen "Der ist ja nur so 'ne ignorante, ewiggestrige Sau!"-Einwand im vornherein zu ersticken, wenn ich "Poetry For The Poisoned", das neueste Werk der amerikanisch-norwegischen Freundschaft als hochgradig enttäuschend abwatsche, zumindest mal was die Präsentation des Endprodukts angeht. Und ein Schuldiger für diese Einschätzung ist ausnahmsweise mal schnell gefunden. Die aalglatte Produktion des gewohnten Teams um Sascha Paeth ist es, die die Scheibe ebenso versemmelt wie schon den Vorgänger "Ghost Opera". Woran allerdings auch das völlig überladene Songwriting, das unter Legionen von Background- und GastsängerInnen und Keyboard/Orchester-Exzessen kaum noch Raum für das einst so markante Gitarrenspiel des einzig verbliebenen Originalmitglieds Thomas Youngblood lässt, keinen geringen Anteil hat. Wirkliche Akzente setzen kann letztgenannter eigentlich nur noch in diversen Solo-Momenten ("The Great Pandemonium", "House On A Hill", im enorm ohrwurmigen "Hunter's Season" darf auch der aktuelle Ozzy-Axeman Gus G. mal gelungen gastieren) - immerhin ist besagte Soloarbeit dafür so überzeugend wie noch selten ausgefallen.

Diese Begleitumstände sind mehr als schade, denn natürlich haben Kamelot nicht von heute auf morgen das Songwriting verlernt. Das von Beginn an die etwas düsterere Marschrichtung vorgebende "The Great Pandemonium" beispielsweise ist nicht anders als famos zu bezeichnen, "House On A Hill" mit dem mittlerweile fast obligatorisch zu nennenden Duett mit dem Epica-Simönchen eine der bisher stimmungsvollsten Balladen des Jahres. Und wenn der weniger erwartete Jon Oliva in der kleinen Serienkiller-Operette "The Zodiac" mit gewohnt sinistrem Anstrich - der Bursche wird aber auch wirklich zur zwecks Gastspot angeklingelt, wenn es den Teufel oder ähnliche Zeitgenossen zu vertonen gilt - die Platte mal etwas auf den Boden zurückholt, ist eh alles in Butter. Etwas sperriger, aber letztendlich als ebenso überzeugend entpuppt sich mit etwas Anlaufzeit nicht nur der überlange, theatralische Titeltrack, sondern auch "Necropolis", das sich am ehesten mit "Conception covern Crimson Glory" beschreiben lässt.

Etwas Durchschnitt liess sich auf Kamelot-Alben noch nie vermeiden, und auch anno 2010 haben sich vor allem zum Ende der Platte hin ein paar Nummern eingeschlichen, die über solide Füllerware nicht herausgehen. Stoff wie "Once Upon A Time" wird lediglich durch Roy Khans abermals phänomenale Stimme noch einigermassen dem Mittelmaß entrissen, hatten wir derartige Songs auf Alben wie "Epica" doch bereits zur Genüge.

Alles in allem also ein sehr ordentliches Album, wenn denn nur nicht...naja, nennt mich übermässig Oldschool, aber zu meinem Heavy Metal habe ich halt ganz gerne Gitarren, die auch als solche zu vernehmen sind. Solltet Ihr aber den Sound des Vorgängers schon entschieden stärker gefunden haben, könnt Ihr mein Genörgel diesbezüglich zugegebenerweise geflissentlich ignorieren.

(c)2010, Ernst Zeisberger