Deja Vu: Bullets To Spare
Ja
holla die Waldfee! Was bei den ersten Takten der CD gar nicht so auffällt,
wird bei längerem Hören dieses kleinen Neoklassikers Gewissheit: Der Mann am
Mikro – namentlich Werner Kerscher - gehört eindeutig zum oberen Drittel der
deutschen Bardenzunft. Ich habe in letzter Zeit selten so kraftvolle und treffsichere
Vocals gehört. Ob in tieferen, mittleren oder hohen Tonlagen, ob bei Shouts
oder Screams, der Gesang kommt immer punktgenau und wirkt zu keiner Sekunde
peinlich oder übertrieben. Ganz grosse Leistung! Aber auch der Rest der
Mannschaft lässt die 20jährige (!!!) Banderfahrung nicht nur erahnen. Warum
man es erst jetzt zu einem Full Lenght-Album geschafft hat, wird in einem
kurzen Vorwort im Booklet näher erläutert und ist auch nebensächlich. Den
Stil der oberpfälzer Kapelle kann man ganz gut als eine Mischung aus Judas
Priest und kontinentaleuropäischem 80er Jahre Metal bezeichnen. Auf der einen
Seite hat man die markanten Priest-typischen-Riffs, den leicht halford’schen Gesang,
auf der anderen Seite aber auch komplexere melodischere Gesangsstrukturen.
Man driftet aber zu keiner Sekunde zu
sehr in die Richtung eines Plagiats ab, noch gerät man in tralala-und-hopsala-Untiefen.
Auch wenn man dieser Floskel in Zeiten der Lückenfüller und aufbereiteteter
Demo-B-Ware keinen Glauben mehr schenken mag: Ausfälle gibt es keine! Die
Platte hält über die volle Distanz ein beachtliches Qualitätslevel. Dabei ist
für wirklich jeden Headbanger was dabei. Vom Uptempo-Song („Wings Of Steel“)
über Midtempo-Stampfer mit ordentlich bratenden Gitarren und schneidenden
Vocals („Bloodsucker“) bis hin zur absolut erhabenen Hymne („Nightmare“, mit
tollem Dickinson-Gesang). Diese drei Songs sind aber lediglich Stellvertreter,
denn es wäre unfair,ein Lied über das andere zu stellen! Als kleines Zuckerli
gibt’s dann noch jeweils ein Cover von Grave Digger („Heavy Metal Breakdown“,
leider auch der einzige Schwachpunkt der Platte, weil etwas lieblos) und von S.O.D.
(„United Forces“, ganz nett aber auch unnötig bei sowieso schon 13 regulären Tracks).
Hier wollte wohl irgendwer unbedingt noch das Wort Bonustracks auf das
Backcover setzen. Naja, wie gesagt: unnötig – tut andererseits aber auch
niemandem weh.
Fazit:
Wer mit Herzblut geschmiedeten und professionell produzierten Heavy Metal
mag, wie er ursprünglicher und bodenständiger nicht sein könnte, der muss sich diese CD besorgen. U.a. und
v.a. zu haben bei
www.karthagorecords.de
PS: Ich
müsste mich schon sehr irren, wenn Deja Vu mit dieser superben Scheibe im
Gepäck nicht nächstes Jahr für das ein oder andere Underground-Festival
gebucht würden.
(c)2006, Peter Kraus