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Armored Saint : La Raza

Erster Punkt der Tagesordnung muss heute mal ein Nebenkriegsschauplatz sein: das ist die Gratulation an den guten Joey Vera, der mit "La Raza" seine Meisterprüfung abgelegt hat - als Produzent nämlich. Lange habe ich keine Rockscheibe mehr derart authentisch und warm tönen hören. In dieser Beziehung ist die erste vollständig neue Armored Saint seit sage und schreibe zehn Jahren nicht anders als perfekt zu bezeichnen.

Als zumindest mal umstrittener hat sich bisher bereits die darauf enthaltene Musik herausgestellt: zu wenig good old Power Metal, zuviel klassischer Hard Rock ist das, was Mr. Vera als heuer einzig verbliebener Songwriter (John Bush zeichnet lediglich für die Lyrix verantwortlich) vorgelegt hat, wohl für manche Zeitgenossen. Und auch wenn mich diese Entwicklung mit Blick auf den direkten Vorgänger "Revelation" und die Tatsache, dass es damit nun knappe zwei Dekaden her ist, das die Band zuletzt ein lupenreines Power Metal-Album vorgelegt hat, nicht unbedingt verwundert, so kann ich diese Haltung doch zumindest nachvollziehen.

Aber nicht teilen. Denn egal was man auf das definiert, wo Armored Saint draufsteht - daran, dass das alles von höchster Qualität ist, ändern derartige Wortspielchen schliesslich überhaupt nichts. Das kann zugegebenmaßen nicht jeder, aber es hat halt auch nicht jeder einen Wahnsinnssänger wie John Bush in der Band. Aber Armored Saint haben ihn halt, und dann zünden nach etwas Anlaufzeit zumindest beim Verfasser dieser Zeilen erdige Hardrocksongs wie "Black Feet" oder das sehr 90er-lastige "Chilled" mal beinahe ebenso wie das enorm starke, eher an traditionelle Saint-Tage erinnernde "Loose Cannon" oder der überragende Hit dieser Platte, das flotte, textlich wohl mit der evangelikalen Mentalität und ihrer Auswüchse abrechnende "Left Hook From Right Field" - und die "best of both worlds" vereint dann in sich das unwiderstehlich coole "Little Monkey". Denn was Bush hier abzieht, kann man nur als eine seiner stärksten Gesangsleistungen ever bezeichnen, und ich vermute, dass er in dieser Weltklasseform auch Gospel, Rap oder ähnliche Verwirrungen locker hätte verkaufen können - aber die Saints testen diese meine Theorie glücklicherweise erst gar nicht aus.

Fazit: "La Raza" wird vielleicht nicht jeden Fan der L.A.-Veteranen umhauen - dafür ist es nach zu langer Wartezeit zu anders als erwartet/erhofft ausgefallen. Aber "La Raza" ist eine grundehrliche, mehr als lässig runtergezockte Platte von der Art, die sich nur Bands leisten können, die sich keiner Erwartungshaltung mehr stellen müssen (was angesichts der Tatsache, dass die Heiligen seit Jahren "nur" noch als Freizeitprojekt der beteiligten Mucker bestehen, hier wohl nicht zu bezweifeln ist). Sofern Ihr nicht gerade sklavisch an ihrem Achtziger-Sound klebt, ist zumindest mal ein Reinhören also Pflicht - ich für meinen Teil bin nach anfänglichen Zweifeln mittlerweile mächtig begeistert.

(c)2010, Ernst Zeisberger