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Accept : Blood Of The Nations

Wenn man sich in Erinnerung ruft, wie die letzte Accept-Reunion verlaufen ist, wären Wolf Hoffmann und Peter Baltes die letzten gewesen, denen ich noch ein wirklich überzeugendes Album unter dem Banner der klassischen deutschen Stahlschmiede zugetraut hätte. Aber erfreulicherweise strafen mich die beiden Veteranen mithilfe der früher gelegentlich schon mal mit von der Partie gewesenen Herman Frank (g.) und Stefan Schwarzmann (dr.) sowie dem Neuzugang am Mikro, ex-TT Quick-Fronter Mark Tornillo, kräftig Lügen, denn besser als auf "Blood Of The Nations" hat die Band seit "Objection Overruled" nicht mehr geklungen, und das ist immerhin auch schon wieder 17 Jahre her.

Dabei besinnen sich Accept aber, anders als auf ebendiesem ersten Reunion-Album, eher auf noch länger zurückliegende, kurz gesagt straighter losrockende 80er-Tage, was der für diesen oft gescholtenen Produzenten eher untypische, sehr natürliche Andy Sneap-Sound nur unterstreicht und die Band damit kurioserweise um so mehr ins neue Jahrhundert holt. In ebenjenem dauert es keine zwei Minuten, bis das famose "Beat The Bastards" letzte Zweifel über einen Neuanfang ohne Stammsirene Udo Dirkschneider hinwegfegt. Tornillos Gesang passt wie der vielzitierte Arsch auffen Eimer und soll anders als weiland David Reece (dessen "Eat The Heat" ja nichtsdestotrotz ein ganz famoses melodisches Hardrockscheibchen darstellt!) erst gar keine grossartige Abgrenzung von Udo darstellen. Es mag Tornillo im direkten Vergleich wohl etwas an dem ganz grossen, einzigartigen Charisma des Solinger Uniformfetischisten fehlen, aber sowas wird sich schliesslich auch nicht von heute auf morgen ersungen, gelle?

Und das hat sich dafür ja auch der Wolf im Übermaß erspielt ("sich einen Wolf gespielt" konnte ich hier beim besten Willen nicht mit meinem Gewissen vereinbaren...), und was der Junge an den sechs Saiten hier abzieht, haben wir in dieser Klasse lange nicht erlebt. Melodische Leads, traumhafte Soli, simpel-effektives Riffing für die Ewigkeit - so und nicht anders muss das sein.

Demzufolge fällt mein Genörgel auch minimal aus: mit (inkl. Bonustrack) über siebzig Minuten Spielzeit ist die Scheibe für meinen Begriff etwas zu grosszügig ausgestattet worden, so dass sich Längen hie und da (ich denke vor allem an den Siebenminüter "Shades of Death") nicht vermeiden lassen. Zudem sind die Lyrics des Titeltracks eine ärgerliche, für diese Band unwürdige Lobpreisung des unsäglichen "war on terror"-Kriegstheaters, die es zu Zeiten von Co-Autorin "Deaffy" nie und nimmer auf ein Accept-Album geschafft hätte.

Ansonsten? Applaus im Haus! Wer sich wundert, warum in diesem Review keine Anspieltipps genannt sind? Das kömmt, weil es eigentlich völlig wurscht ist, an welcher Stelle Ihr die Plattennadel ansetzt - es tönt Euch immer famoser, leicht amerikanisierter Teutonenmetal entgegen. Mein Favorit heisst jedenfalls für heute "Rolling Thunder" - Ihr dagegen habt die Qual der Wahl....

(c)2010, Ernst Zeisberger