Rush, ein Name wie ein Tausendtonner, zumindest innerhalb
der Proggemeinde. Berühmt durch unbestreitbar geniale Kompositionen à la „Tom
Sawyer“, „La Villa Strangiato“, „Marathon“ und und und...
Doch „Caress of Steel“ ist nicht etwa ein Synthieinferno
wie „Hold Your Fire“ sondern ein für heutige Bedürfnisse trockenes, aber immer
noch herausragendes Werk der Seventies.
Der Opener „Bastille Day“ rockt direkt mit einem
supereingängigen Hauptriff, weswegen ich den Song ziemlich gern höre. Weiter
geht‘s mit „I Think I’m Going Bald“ das textlich ganz klar in die Sparte „Rush-Humor“
einzuordnen ist. Wer schreibt schon einen Song über seine schwindende
Haarpracht? Klar, Drei wohl ziemlich verkiffte, geniale, seltsam aussehende
Kanadier!
„Lakeside Park“ ist soft , tragend und mit einem süßlichen
Refrain gespickt, der Geddys Stimme Seventies-like richtig schön hochzieht.
Okay, Joints raus, Schlaghosen an: Longtracks sind
angesagt! Der erste der beiden, „The Necromancer“ (für Progfreaks
unbeeindruckende 12:30 Minütchen lang) startet tragend mit dem ersten Part „Into
the Darkness“ und erinnert durch die tragende Melodie sehr an Pink Floyd. Der
zweite Part („Under the Shadow“) beginnt mit seltsamem Gequatsche, das viele
wohl eher nerven wird, aber darauf folgt eine absolut hammermäßige Gesangsline,
die dies locker wieder wett macht. Danach steht frickeln in Reinkultur an, sehr
toll gemacht, aber fest in den Siebzigern verwurzelt. Im Allgemeinen ist „The
Necromancer“ ein toller Longtrack mit guten Stellen, aber durch die
Hörpsielversatzstücke sehr anstrengend. Wenn die 3 Kanadier daraus doch nur
einzelne Songs draus gemacht hätten....
Dann folgt der in sechs Parts unterteilte 20-minütige
Rausschmeißer „The Fountain of Lamneth“.
„In The Valley“ startet mit einer Akustikgitarre und Geddys
zerbrechlicher Stimme, bevor man das erste Mal das immer wiederkehrende Mainriff
hört und es cool findet. Im Laufe des Songs nervt es nach einer Zeit schon, aber
zum Glück ist „The Fountain of Lamneth“ sehr abwechslungsreich. „Didacts and
Narpets“ ist wohl das Kind eines Horrortrips, ein total ausgeflipptes,
einminütiges Drumsolo mit seltsamen Schreiern und Ausrastern von Geddy und Alex
gespickt.
Die restlichen Parts sind relativ ausgewogen, aber eben nur
was für Rush- bzw. Siebziger-Progfans.
Aber „Caress of Steel“ ist ganz klar eine Weiterentwicklung
vom stark Led Zep-beeinflußten Helium-Hardrock der ersten beiden Alben, am
besten bei den zwei Longtracks nachzuhören.
Also: Siebzigerproggies, ihr könnt zuschlagen, vor allem
für die günstigen Preise der Remastered-Edition!
Geddy Lee – Bass
Alex Lifeson – Guitars
Neil Peart – Drums and Percussion
(c)2005, Tim Nagel