.Niemand kann Queensryche vorwerfen, sie wären eine langweilige, sich ewig
selbstkopierende Band. Im Gegenteil. Von Platte zu Platte gab es bis "Promised
Land" musikalische Transformationen mit vielen Höhenpunkten aber wenig
Schwächen. Wobei nach der völlig unterbewerteten Promised Land die einstmals
steile Karriere eher bergab als bergauf ging. Der Verlust des Gitarristen Chris
DeGarmo forcierte diesen Prozeß zusätzlich. Trotzdem blieben sich Queensryche
stetig treu und uns damit für Überraschungen gut, obwohl die dann zunehmend böse
wurden.
Wenn Queensryche nun mit O:M II gezielt an eines der wichtigsten Alben der
Metalhistorie – vielleicht sogar dem wichtigsten Werk überhaupt – anknüpfen,
müssen sie aber beweisen, dass sie das noch können. Daher gilt es, das Niveau
von Rage for Order oder Empire mindestens zu erreichen. Und genau hier liegt das
Problem. Von der Lyrik abgesehen vermögen es Queensryche nämlich nicht mehr. Der
Sound ist schrecklich schlaff, deutlich dünner als bei der mehr als zwei
Jahrzehnte alten Queen of the Reich EP. Mein Regal ist voll mit besser
klingenden Demos gänzlich unbekannter Truppen.
Die Gitarren auf O: M II sind ohne Druck. Beliebig wirken die Arrangements und
von Atmosphäre kann schon gar keine Rede sein. Auch das billig zurechtgemachte
Cover läßt Böses erahnen. Das dramatisch-epochale Orginalüberwerk O: M wird in
seiner Einzigartigkeit also nirgends erreicht – nicht einmal in Ansätzen.
Demnach wäre es müßig, an dieser Stelle näher auf einzelne Songs einzugehen.
Hätte das Album einen anderen Titel und einen deutlich besseren Sound, könnten
andere Maßstäbe angesetzt werden.
Mit der Fortsetzung von O: M haben sich Queensryche selbst demontiert. Schlimmer
kann die höchstmöglich gelegte Latte kaum gerissen werden. All das wirkt, als
wollte die Band noch mal schnelles Geld verdienen. Deshalb wird O: M II
irgendwann bestimmt neu erscheinen – und zwar remastered.
Wer Queensryche mag und sich das Bild seiner Metal-Helden bewahren möchte,
sollte besser zu den remasterten Neuauflagen der alten Platten greifen.
Alternativ sollte sich der geneigte Queensryche-Jünger zur Schmerzlinderung
andere CDs in die Sammlung stellen: Lethal (Programmed), Psycho Drama (The
Illusion), Hittman (Vivas Machina), Throes Of Sanity (The Upheaval) oder Recon
(Behind Enemy Lines). Hinzu kommen in letzter Zeit neuaufgelegte Scheiben wie
von A Shattered Dream (4-D Society & Other Nocturnal Emissions) oder Dead Calm
(No Way Out). Damit fährt man besser.
Roßtäuschung nennt man übrigens Geschäfte, bei denen faule Gäule als kerngesund
verscherbelt werden. O: M II ist Roßtäuschung.
(c) 2010, Heiko