PROCESSION aus Chile gelten für viele mit Fug und Recht als aktuell
interessanteste und beste Doom-Band. Ihr Stil bewegt sich eher in klassischen
Gefilden. Mit Death oder Funeral Doom haben sie nichts am Hut. Auch melodische
Power-Metal-Elemente á la spätere Candlemass oder Forsaken sind recht dünn
gesät. Am ehesten lassen sich die Chilenen mit den Skandinaviern REVEREND
BIZARRE vergleichen, wobei die Finnen teilweise etwas altbackener und obskurer
zur Sache gegangen sind. Nun, kurz vor Jahresende und knapp ein Jahr nach dem
Erscheinen von “The Cult Of Disease”, präsentiert uns das chilenische Trio aus
Santiago eine gigantische Doom-Weihnachtsmette. „Destroyers Of The Faith“ knüpft
nahtlos und überragend dort an, wo die A-Seite von “The Cult Of Disease” endete.
Wie auch immer dieser traditionelle Doom seinen Weg ausgerechnet nach Chile
gefunden haben mag, PROCESSION scheinen ihn mit jeder Pore des Körpers
auszuscheiden. Jeder Takt und jeder Riff bietet Doom in seiner schönsten,
punktgenauesten und erhabensten Variante dar. Die Band versteht es wie kaum eine
andere, die dem Doom grundsätzlich innewohnende Eintönigkeit variabel und
intelligent zu gestalten. Was PROCESSION in nur einem Song an Ideen auffahren,
reicht bei so manch anderen Doom-Bands locker für zwei bis drei Alben aus. Das
demonstrieren die Chilenen schon mit dem Intro „Hyperion“. Schwere Gitarren
wiederholen den dunklen Auftaktriff nur ein paar Mal, denn der Grundrhythmus
wird nicht bis zur Endlosigkeit ausgedehnt, sondern ziemlich zügig in den
geradezu mördermäßig dahersägenden Power-Song „Destroyers Of The Faith“
überführt. Wer diese Doom-Wand mit fiesem Ausklang unbeschadet überstanden hat,
darf sich von dem bereits bekannten und etwas ruhiger daherkommenden „The Road
To The Gravegarden“ betören lassen. Hier schimmern an jeder Ecke REVEREND
BIZARRE deutlich durch. Diese Neueinspielung weiß durchaus besser als die
Demo-Version von 2008 zu gefallen. Die B-Seite beginnt mit dem ultra-schweren
„Chants Of The Nameless“. Hier macht sich der deutlich verbesserte Gesang Felipe
Plaza Kutzbach erstmals richtig bemerkbar. Hoch, teilweise flehend und sehr
authentisch dominieren die Stimmen-Parts einen Song, der nicht von dieser Welt
ist. Doch es geht noch besser, denn mit „Tomb Of Doom“ setzen die Jungs noch
einen drauf. Von typischem Doom-Schlagzeugspiel eröffnet, steigert sich das
gesamte Geschehen in ein orgiastisches Doom-Ritual. Während einen die Gitarren
niederzudrücken drohen, setzt der herablassende Gesang fast schon bösartige
Akzente. Das ist jetzt wirklich groß. Viel zu kurz geraten ist das
abschließende, noch einmal alles vorangegangene toppende „White Coffin“ mit den
zwei Parts „The Loss“ sowie „Revenge“. Das ist kein wirklicher Doom mehr,
sondern eine wahrhaftige Doom-Messe samt sakralem Überbau und ausklingendem
Chorus.
PROCESSION haben mit „Destroyers Of The Faith“ die durch “The Cult Of Disease”
geweckten Erwartungen erfüllt und gleichzeitig weit übertroffen. Spielwitz und
Leichtigkeit – ja das gibt es auch beim Doom – schimmern aus jeder LP-Rille
düster hervor. Die hohe musikalische Qualität ist erschreckend und die Zukunft
wird diesem Album definitiv den verdienten Platz eines ewigen Doom-Klassikers
zuweisen. Doch es gibt auch etwas Schatten: Auf den Song „The Road To The
Gravegarden“ hätte verzichtet und dafür ein bisher unveröffentlichter Verwendung
finden können. Oder man hätte „White Coffin“ etwas mehr Raum zubilligen können.
Zudem teilen mir meine Boxen mit, dass sich die Seiten A und B soundtechnisch
leicht unterscheiden. Seite B hat teilweise etwas mehr Bass. Insgesamt ist der
Klang jedoch sehr gut.
Das deutsche Label „High Roller Records“ hat die in zwei Varianten vorliegende
LP wunderschön und liebevoll aufgemacht. Mir liegt die auf 200 Exemplare
limitierte „red/ black blend Vinyl“ Version mit beiliegendem Patch vor. Vom
schwarzen Vinyl wurden 400 Exemplare gepresst. Das rot-schwarze Vinyl (keine 180
Gramm, dafür ist es zu dünn) ist von sehr guter Pressqualität und steckt –
vorbildlich – in gefütterten, schwarzen Innenhüllen. Das vierseitige Beiblatt
mit den Songtexten ist ebenso hochwertig. Interessant ist die aufwendige
Cover-Gestaltung, da die Farbe rot gestanzt wurde. Besser geht es also kaum.
Alles in Allem eine mehr als würdige Verpackung für außergewöhnlich guten Doom.
MySpace-Link:
www.myspace.com/processionburn