Crom: Steel For An Age
Wird über das Thema „Heavy Metal aus
Spanien“ diskutiert, dürfte jedem aufmerksamen Traditionalisten ein
kurzer, aber prägnanter Name sofort durch den Kopf schießen: CROM! Ende
der 1980er konnte sich die Band mit zwei legendären Alben - zumindest
bei Fans von schrägem und garantiert unkommerziellem Heavy Metal –
erfolgreich verewigen. Doch während eine stilistisch ganz ähnlich
geartete Gruppe wie BROCAS HELM aus den USA in jedem zweiten
Metal-Forum als Underground-Helden
abgefeiert werden, findet man zu CROMS „Steel for an Age“ kein einziges
Review im World Wide
Web. Noch nicht einmal auf Metalpage.de oder
bei The Corroseum
wird man fündig. Höchste Zeit, diesen Missstand zu beheben und den vier
Konquistadoren aus Valladolid ihr digitales
Denkmal zu setzen.
Wer bisher dachte, jede spanische
Metal-Band müsse wie BARÒN ROJO und ANGELES
DEL INFERNO klingen, darf sich auf eine dicke Überraschung gefasst
machen, denn bei CROM kommen als Vorbilder eigentlich nur OMEN oder
SAVAGE GRACE in Frage. Gegründet Anfang der 1980er, dauerte es bis 1987,
dass sie ihr in Eigenregie aufgenommenes Debüt „Steel For An Age“ auf
ein fassungsloses, wenn auch leider sehr überschaubares Publikum
losließen. Nach den ersten Takten des
Openers „Covered
In Glory“ gibt es nur zwei logische
Reaktionen: Entweder man verliebt sich auf der Stelle in den völlig
eigenwilligen, mitunter schrägen Sound der Iberer oder man macht ein
angewidertes Gesicht, als hätte man gerade einen
querlaufenden Kratzer auf seiner liebsten Schallplatte entdeckt.
Doch wenn man einmal in die mystische Welten von CROM eingetaucht ist,
gibt es kein Entrinnen mehr - dann lassen einem Kompositionen wie „Final
Warning“, „King Of Kings“ oder „Galadriel“
keine Ruhe mehr. Im Gegenteil: obwohl CROM weit von musikalischer oder
spielerischer Perfektion entfernt sind, schaffen sie es doch, dass einem
ihre Songs spätestens mit dem zweiten oder dritten Hördurchgang so
richtig ans Herz wachsen. Und das Beste wurde für den Schluss
aufgehoben, denn dort schlägt „The
Judgement Bell“ und läutet den Tag des
Jüngsten Gerichts ein – vor allem für sämtliche
Pseudo-Epic-Metal-Bands der Gegenwart, die von solch
leidenschaftlichen Heavy Metal, wie ihn CROM hier zelebrieren,
größtenteils nur träumen können. Was für ein krönender Abschluss!
Auch die Stimme von Luis
Gadea dürfte stark polarisieren, klingt er
doch bei den - zum Glück wenigen - ruhigeren Passagen etwas unbeholfen.
Doch anderseits fügt er sich hervorragend in den kauzigen Gesamtsound
ein. Dazu sollte man sich auf die ein oder andere produktionstechnische
Unzulänglichkeit einstellen, wenn etwa der Eröffnungsriff von „Mirrors
Tale“ klingt, als wäre er unter Wasser aufgenommen. Aber dies sind nur
Marginalien, die den sehr positiven Gesamteindruck kaum beeinträchtigen.
Dass die musikalische und lyrische Vorgabe auch bei der Covergestaltung
perfekt umgesetzt wurde, ist das „Tüpfelchen auf dem i“ und hat mit
Sicherheit zu dem völlig berechtigten Kultfaktor von CROM nicht
unerheblich beigetragen.
Da das Album längst eine gesuchte Rarität
ist, kommt für die meisten wohl nur die Bootleg-Version von Hot
Metal Records in Frage. Diese erschien 1993
zusammen mit dem Zweitwerk „Wasteland“ (Claxon
Records, 1988), das zwar professioneller und ausgereifter als das Debüt
ausfiel, aber dafür einen etwas weniger hohen „Kauzfaktor“ aufwies.
Beide Alben sollten auf jeden Fall - in welcher Form auch immer - einen
Ehrenplatz in jeder gut sortierten Epic-
Metal-Sammlung einnehmen.
© 2009, Peter Müller