Da sind sie nun also wieder, die Finnen. Nach allerlei Klapsmühlen-Aktionen in den letzten paar Jahren, von denen das gegenseitige Anpinkeln auf der Bühne vielleicht noch nicht mal die bizarrste war, hat man es nun also irgendwie geschafft, doch tatsächlich in der wohl beliebtesten Besetzung (der seit "Episode"-Zeiten bestehenden nämlich) im Studio aufzulaufen, ohne sich dabei umzubringen. Ob die ganze Misere denn nun wirklich psychischen Problemen seitens Gitarrenmeister Tolkki anzulasten war oder aber, wie es sich manch ein Hobby-Verschwörungstheoretiker in den einschlägigen Internetforen gerne zurechtlegte, schlichtweg einen mächtig bizarren "Werbegag" darstellte, sei mal dahingestellt. Was zählt, ist die Musik.
Und daß unter derartigen Umständen - das komplette Material stammt schon aus den Tagen, als man kurzzeitig mal 'ne Sängerin an Bord hatte - kein Klassiker geboren werden kann, ist keine Überraschung. Daß die selbstbetitelte Scheibe aber trotz allem sehr respektabel daherkommt, schon ein wenig - langweilten die Fünf doch zuletzt mächtig auf ihren völlig überladenen "Elements"-Alben mit schnarchtassiger Pseudo-Klassikorientierung. Davon ist Gott sei Dank nicht viel übrig geblieben. Alleine das sehr sperrige, auch nach x Durchläufen nicht richtig überzeugen wollende "Back To Madness" hat noch ein wenig vom Geist der jüngeren Scheiben - und stellt damit den klaren Tiefpunkt des Comeback-Rundlings dar.
Allerdings auch nicht viel besser, aber immerhin völlig anders, kommt da der Opener "Maniac Dance" daher. Stampfender, leicht swingender Midtempo-Metal ist dieser, den ich, wenn ich's denn nicht gewußt hätte, niemals dieser Band hätte zuordnen können. Dazu fehlt einfach eine packende Melodie - so hätte der Song auch problemlos auf x anderen Alben stehen können (Metallicas Schwarzer vielleicht). In eine ähnliche Kerbe schlagen auch die besseren, wenn auch nicht überragenden "Fight" oder "Gypsy In Me". Was sich an dieser Stelle schon feststellen läßt - Timo Kotipeltos Gesang ist wieder deutlich erträglicher geworden. Konzentrierte er sich zuletzt viel zu oft auf Passagen, in denen ihn nur noch die Hunde hören konnten, so hat er jetzt offensichtlich die mittleren Tonlagen wiederentdeckt. Gute Idee.
Was wohl für Diskussion sorgen wird, ist die Tatsache, daß Tastenmeister Johansson kaum eine Rolle spielt außer im Background für etwas Atmosphäre zu sorgen. Das berühmt-berüchtigte neoklassische Diddeldaddel, das er spätestens seit "Visions" im Exzess ausleben durfte, ist hingegen komplett auf der Strecke geblieben. Erinnert mich etwas an die ganz frühen Alben der Band, wie überhaupt die für die Band untypischste Scheibe "Dreamspace" mehr als einmal zum Vergleich herhalten könnte. So gemahnt z.B. das ohrwurmige "Just Carry On" überdeutlich an den Oldie "Hold On To Your Dream", und das im Vorfeld völlig unnötig zum Skandalstück hochstilisierte "Götterdämmerung (Zenith Of Power)" hat dem, was dereinst mal ein "Fourth Reich" vorlegte, absolut nichts mehr hinzuzufügen. Ach ja, und eine klare Linie sucht man damals wie heute vergebens.
Die mit Abstand besten drei Stücke hat man sich für den Schluß aufgehoben: "The Land of Ice and Snow" ist eine feine Folkballade in bester "Forever"-Tradition, und mit "Leave The Tribe" sowie vor allem "United" wird's dann doch noch mal richtig hymnisch. Das versöhnt, kann aber nicht darüber hinwegtäuschen, daß "Stratovarius" eine mächtig seltsame Platte geworden ist.
Fazit: hat seine Momente, alles in allem aber eher wechselhaft. Den Speed vermisse ich persönlich eigentlich nicht (diese Nummern sind v.a. nach "Visions" eh immer austauschbarer geworden), aber das mag so mancher Anhänger der Truppe sicher anders sehen. Zu empfehlen ist "Stratovarius" wohl eher für die Fans der "early years" - aber ob diese Band noch mal wirklich was reißen werden kann, wird frühestens der Nachfolger dieser seltsamen Songsammlung zeigen. Wenn es ihn denn jemals geben wird...
(c)2005, Ernst Zeisberger