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Jacobs Dream: Beneath The Shadows

Als 1996 das gleichnamige Demo von Jacobs Dream erschien, waren viele schlicht sprachlos. Auch ich. Bis heute ist es ein Kleinod des US-amerikanischen Power Metal. Was da in Töne gegossen und auf CD verewigt wurde, war und ist über alle Zweifel erhaben. Dort trafen sich im Mantel des White Metal mystische und epische Einflüsse. Vollendete wie zeitlose Melodien, angereichert mit prägnantem Riffing, leichter Vertracktheit, Emotionalität, Tiefe, Ausstrahlung und Power verwoben sich zu einem musikalischen Leuchtturm. All dies kam mit teilweise herzzerreißender Grundstimmung daher. Es sind gerade diese einzigartigen Melodielinien, die Jacobs Dream vom Rest der Metal-Welt absonderten. Dafür war besonders der damalige Sänger David Taylor verantwortlich. Sein Organ ist im gesamten Heavy-Metal-Gewerbe ohne jede Bezugsgröße. Er hievte Jacobs Dream auf einen dieser wenigen Plätze im ewigen Metal-Olymp. Es dauerte danach knapp vier Jahre, bis über Metal Blade der erste wiederum gleichnamige reguläre Longplayer das Licht der Welt erblickte. 2001 folgte „Theater of War“. Beide CDs konnten die Qualität des Demos knapp halten. Jedoch wurden Goldkehlchen David Taylor dürftige Bühnenqualitäten nachgesagt. Also trennten sich die Wege. Der Band bekamen dieser und weitere Besetzungswechsel nicht gut. Zwar veröffentlichte Metal Blade 2005 noch „Drama of the Ages“. Doch diese CD kann man getrost vergessen. Zu schwer wog die Verdrängung des Sängers. Zu schwach war das Dargebotene. Seit der 2008er Eigenproduktion „Dominion Of Darkness“ geht es jedoch wieder etwas bergauf. Nur diese eigentümliche Charakteristik ist fast endgültig verschwunden. Stattdessen bewegen sich Jacobs Dream in ‚normalen’ melodischen Power-Metal-Regionen. Insgesamt wäre es daher ehrlicher gewesen, den Bandnamen zu wechseln. Sei es auch nur in „Dreams of Jacob“.

Stellten wir uns also vor, eine Band mit diesem Namen hätte Ende 2009 eine CD mit dem Titel „Beneath The Shadows“ unters Volk gebracht, dann ließe sich dazu folgendes festhalten: Musikalisch sauber werden hier insgesamt elf Songs dargeboten. Ins Auge sticht das sehr rhythmische und dominierende Gitarrenspiel. Es handelt sich um eher mittelschnellen, melodischen US-Power-Metal. Die Songs sind enorm vielfältig gestaltet. Langeweile kommt bei so viel Spielwitz nicht auf. Sänger Chaz Bond bewegt sich in mittleren Lagen und beherrscht sein Metier ziemlich gut. Mit dem Opener „Welcome to my World“ wurde bedauerlicherweise der eigentlich schwächste Song an den Anfang des Albums gestellt. Danach folgt mit „Minds will burn“ ein schnellerer Kracher. Ein erster wirklich starker Höhepunkt ist die herrlich daherkommende Halbballade „Stain“. „Illusive Dream“ hält dieses Niveau. Hier schleicht sich erstmals ein klein wenig dramatische Grundstimmung ein, welche an die alten Jacobs Dream erinnert. Der Refrain des folgenden „Hand full of Dust“ hätte jeder Savatage-Scheibe zur Ehre gereicht. Mit „The Hell that I breathe“ untersteichen Jacobs Dream schließlich ihren melodischen Anspruch. Hier kommt jetzt tatsächlich altes Jacobs-Dream-Feeling auf. „The darkest Hour“ ist das ruhigste Stück der optisch ansprechend aufgemachten Eigenproduktion. Bei „All my Fears“ geben Jacobs Dream wieder hochmeldodisch Gas. Und wieder blitzten hier ganz leicht die alten Trademarks auf. Starker Song. Akustisch und wunderschön werden die Hörer dann mit „Reborn in Fire“ verwöhnt. „Beneath the Shadows“ heißt die melodisch wie powervolle Fortsetzung, mit der das Finale „The Blessing and the Curse“ gekonnt eingeleitet wird. Mit diesem Song wird ein mehr als würdevoller Abschluss gefunden.

Jacobs Dream in 2009 sind ein zweischneidiges Schwert. Beim Hörer schwingt die Vergangenheit mit. Und die ist unmittelbar an das Überdemo mit dem damaligen Übersänger gekoppelt. Dem werden Jacobs Dream heutzutage nicht mehr gerecht. Offenbar wollen sie das auch nicht. Denn die Band hat sich musikalisch verändert. Sie ist schlicht unspezifischer geworden. Wer zwischen heute und damals also nicht trennen kann, sollte die Finger von „Beneath The Shadows“ lassen. Alle anderen sollten dem Album eine gerechte Chance geben. Dank MySpace (http://www.myspace.com/jacobsdream) ist das mit wenig Aufwand verbunden. Nach etwa acht Durchgängen und dem Versuch, dabei nicht an David Taylor zu denken, gefällt mir die Scheibe inzwischen außerordentlich gut. Das Metal-Rad wird hier zwar nicht mehr neu erfunden, aber eben doch schön gedreht. Für eine Eigenproduktion ist der Sound übrigens vorbildlich.
 

(c)2010, Heiko