Ross The Boss
Bible of the
Devil – Grenzgänger auf Kreuzzug
Obwohl BIBLE OF THE DEVIL mit ihrem High Energy
Rock zunächst kaum ins Billing zu passen schienen, waren sie am Ende für viele
Besucher der zweiten Nürnberger Doomnacht die große positive Überraschung des
Abends. Mit einem Prachtalbum wie „The diabolic procession“ in der Hinterhand
kann aber auch kaum etwas schief gehen. Höchste Zeit, die in Europa noch
weitgehend unbekannte Band unter die Lupe zu nehmen. Mark Hoffmann (v,g), Greg
Spalding (d) und Darren Amaya (b) ließen gut gelaunt die Hosen runter…
Respekt! Der Gig war ja mehr als nur
ordentlich!
MH: Ja, der Gig war stark. Gestern Abend
spielten wir noch einen Punkrock-Set, heute Abend wieder einen Metal-Set, aber
wir haben beides gut hinbekommen.
GS: Wir wussten anfangs nicht, wie wir bei
einem reinrassigen Doom-Publikum ankommen würden, ist ja immer recht schwierig.
Aber die Reaktionen waren echt gut.
Das hört sich an, als ob Ihr Euren Set immer
spontan auf das jeweilige Publikum abstimmt…
MH: Nein, nicht wirklich. Zu Beginn jeder Tour
einigen wir uns in der Regel auf einen festen Bestand von Songs. Während der
einzelnen Shows sehen wir dann, welche Stücke gut ankommen und welche nicht.
Diejenigen, die ankommen, bleiben drin, die anderen fliegen raus. Meistens haben
wir bei unserer Songauswahl allerdings ein ganz glückliches Händchen, so dass
sich während den Touren nicht recht viel verändert. Höchstens, dass wir
vielleicht mal ein wenig kürzer oder länger spielen.
Wer von Euch hatte denn die Idee mit dem Angel
Witch Cover?
MH: Och, ich sah in der ersten Reihe dieses
hübsche Mädchen mit dem Angel Witch-Patch auf der Kutte und ich dachte mir, wir
hätten hinterher bessere Chancen, bei Ihr zu landen, wenn wir das Cover spielen,
hahaha…
Auf Eurem neuen Album singt Ihr über die
Kinderkreuzzüge. Wie kamt Ihr auf die Idee, daraus einen Albumstoff zu stricken?
MH: Die Idee, dass dies ein brillanter
Albumstoff wäre, hatte ich, als ich vor einiger Zeit ein Buch namens „Deus le
Vult“ gelesen habe, was soviel bedeutet, wie „Gott will es“…
DA: … aha, interessant! Das heißt es also,
hahaha!
MH: Ich dachte mir auch, dass es vielleicht
sogar ein gutes Konzeptalbum abgeben würde. Der Stoff erlaubt zahlreiche
Parallelen zum aktuellen weltpolitischen Klima. Es ist immer noch ein sehr
modernes Thema – 800 Jahre später! Religiöser Fanatismus, der für die Kinder und
Jugendlichen im Tod und in der Sklaverei endete. Eigentlich eine geschichtliche
Lehrstunde, die wir besser nicht vergessen sollten. Auch wenn man nicht exakt
weiß, wie viel an der Geschichte der Kinderkreuzzüge wahr ist, und wie viel nur
religiöse Allegorien.
Wie seht Ihr die Entwicklung von „Brutality
Majesty Eternity“ (2005) zu „The diabolic procession“.
MH: Bei „Brutality Majesty Eternity“ hatten wir
ziemliche Probleme bei den Aufnahmen. Diesmal hatten wir ein größeres Budget zur
Verfügung. Das hört man auch im Sound. Alles wirkt irgendwie schlüssiger.
Ich habe den Eindruck, dass Ihr auf „The
diabolic procession“ Metal-Seite stärker in den Vordergrund geholt habt, während
„Brutality Majesty Eternity“ noch recht Punk- und Motörhead-lastig war…
MH: Ja, das stimmt schon! Unsere Einflüsse
haben sich einfach geändert. Wir hören heute einfach ganz andere Sachen als noch
vor ein paar Jahren. Wir gehen zwar nicht mit unseren Einflüssen hausieren, aber
sie schimmern schon sehr deutlich durch. Und ja, „The diabolic procession“ ist
tatsächlich eine Art Huldigung an den klassischen Heavy Metal geworden.
Manchmal, etwa bei „Orphans of Doom“, kann man
meinen, dass sogar ein wenig Doom in Eurem Sound steckt…
GS: Eher weniger. Wenn überhaupt, dann Trouble
oder Pentagram. Bands, mit tollen Melodien und Riffs, die im Kopf hängen
bleiben. Ich höre zwar relativ selten Trouble, aber die Ideen der Band trage ich
immer irgendwie mit mir herum.
MH: Trouble sind vor allem sehr gut darin,
lange Songs mit Pop-Appeal zu schreiben. Sie selbst haben auch immer die Beatles
als größten Einfluss angegeben. In der Beziehung sind wir womöglich tatsächlich
ein wenig von Trouble inspiriert.
Wo soll’s jetzt mit Euch hingehen? Noch stärker
in Richtung Metal oder zurück zum Punk?
GS: Naja, wir achten selbst nicht so auf die
Trennungslinien zwischen Metal, Rock und Punk. Hauptsache am Ende stehen gute
Songs auf der Platte.
DA: Uriah Heep! Hahaha! Wir wollen eine 70er
Jahre Keyboard-Rock-Band werden und suchen deshalb gerade nach unserem Jon
Lord! Aber es gar nicht so einfach, heute gute Metal-Keyboarder zu finden,
hahaha…
Fragt doch mal den Nightwish-Heiner…
MH: Genau, hahaha…Sowas in der Art wäre ideal!
Aber im Ernst, wir werden jetzt erstmal die Tour fertig spielen. Danach setzen
wir uns zusammen und dann sehen wir schon, was dabei raus kommt. Das Ergebnis
wird natürlich erneut davon abhängen, was unsere Einflüsse zu dieser Zeit sein
werden und welche Drogen wir gerade nehmen. Das einzige, worauf wir uns schon
geeinigt haben, ist, dass es eine total abgefahrene Platte werden soll. Ein
Konzeptalbum wird’s wohl nicht mehr werden, das haben wir mit „The diabolic
procession“ ja jetzt abgehakt.
Wie ist eigentlich die Split 7“ mit Slough Feg
zustande gekommen?
MH: Wir haben vor einiger Zeit mit den Hammers
of Misfortune gespielt. Mike Scalzi, der inzwischen bei den Hammers ausgestiegen
ist, erzählte uns irgendwann mal von seiner anderen Band Slough Feg, von der wir
zuvor noch nie etwas gehört hatten. Er hat uns dann einige seiner Platten
vorgespielt und wir wurden total weggeblasen. Die Hammers of Misfortune sind
eine gute Band, aber Slough Feg entspricht einfach vielmehr unserem persönlichen
Geschmack. Wir haben letzten Sommer dann auch eine gemeinsame Tour gespielt.
Ihr habt ja durchaus einen ähnlichen Stil, mit
Euren Twin Guitars, etc…
MH: Ich glaube, das war auch der Grund, warum
sie uns unter ihre Fittiche genommen haben. Sie haben erkannt, dass wir auch auf
ihrer Schiene fahren, mit Twin Guitars und allem drum und dran. Wir sind zwar
technisch bei weitem nicht so fit wie Slough Feg, aber vom musikalischen her
sind wir Brüder im Geiste.
GS: Mike ist außerdem ein Supertyp!
MH: Und Du lernst als Band einiges, wenn Du
siehst wie Slough Feg Abend für Abend phänomenale Auftritte abliefern.
Dann steht Ihr wie Slough Feg doch bestimmt
auch auf Thin Lizzy?
MH: Yeah, absolut. Ich habe vor zwei Jahren,
als ich in Irland war, sogar Phil Lynotts Mutter Philomena getroffen. Sie ist
inzwischen um die 80 Jahre alt und immer noch sehr cool drauf. Es gab ja wegen
des Phil Lynott-Denkmals heftige Kontroversen in Irland. Ich schätze einige
Leute hatten etwas dagegen, dass jemandem, der an Drogen starb, eine eigene
Statue errichtet wurde. Obwohl Phil Lynott vielleicht der wichtigste irische
Musiker aller Zeiten war.
Wie seid ihr mit der Arbeit von Cruz del Sur
Records zufrieden?
MH: Bislang läuft unsere Zusammenarbeit sehr
gut. Enrico ist ein sehr cooler Typ und es ist natürlich auch ziemlich stark,
mit Bands wie Slough Feg oder den Hammers of Misfortune auf dem gleichen Label
zu sein.
GS: Die Distribution ist jetzt auch viel
besser. Viel mehr Leute haben inwischen die Chance, unsere Platte überhaupt erst
zu kaufen, was vorher nicht immer der Fall war. Jetzt bei unserem Auftritt in
Rom werden wir Enrico zum ersten Mal persönlich treffen.
Was sind Eure Eindrücke bei Eurer ersten Tour
durch Europa?
MH: Europa ist toll! Es ist einfach völlig
anders, hier zu touren, als in den Staaten. Jeder Tag ist im Prinzip ein neues
Abenteuer mit den verschiedenen Sprachbarrieren, dem unbekannten Essen und den
seltsamen Leuten.
DA: In den Staaten triffst Du immer die
gleichen Idioten. Mag sein, dass er anders aussieht oder einen anderen Akzent
hat, aber es wird immer der gleiche Idiot sein, hahaha…
(c) 2006, Manuel
Trummer