Apollo Ra: Ra Pariah
Es kommt einem noch gar nicht so lange vor, als die APOLLO RA-LP via
OPM Records im Jahr 2000 seinen Weg über den Atlantik in heimische
Sammlungen gefunden hat. Dies allerdings nur sehr spärlich, da die meisten
OPM-Alben von Haus aus nicht gerade billig waren und nur wenige Mailorder
sie im Programm hatten. Die Aufnahmen der Band stammen von 1987 und gehören
deshalb natürlich in die Abteilung “Classix“. Zwei Jahre später fanden die
Songs ihren Weg auf ein Kassetten-Album, das längst eine gesuchte Rarität
geworden ist. Und es ist bezeichnend, dass ein solches Album kein Interesse
seitens der Musikindustrie wecken konnte, befand sich doch der Heavy Metal
Ende der 80er in einer Art Leerlauf. Die Plattenverkäufe stimmten zwar noch
einigermaßen, aber junge Newcomer-Bands wurden mehr und mehr ignoriert und
die Majorlabels konzentrierten sich stattdessen auf eine Handvoll etablierte
Bands, mit denen der größte Musikmarkt (die USA) mit wenig Aufwand abgegrast
werden sollte. “Big Player“ wie METALLICA, SLAYER, MEGADETH, MAIDEN oder
ANTHRAX sollten den Labels fleißig Gold- und Platin-Eier ins gemachte Nest
legen, dabei die Tatsache völlig ignorierend, dass diese Bands ihren
kreativen Zenit bereits überschritten hatten oder zumindest kurz davor
waren. Zu wenige erkannten, dass es so nicht mehr lange gut gehen konnte und
versuchten, den klassischen Heavy Metal auf ihre Art mit ins neue Jahrzehnt
rüber zu retten, beispielsweise ein Jon Schaffer von ICED EARTH oder Warrel
Dane von SANCTUARY. Aber mittlerweile hatten zu viele gute Bands das
Handtuch geworfen, ihren Stil bis zur Unkenntlichkeit abgeändert oder waren
nicht in der Lage, jüngere Fans an sich zu binden, die kurz darauf
reihenweise von der Grunge/Alternative-Welle hinweggefegt wurden. Europa
dagegen, mitsamt dem Mutterland des Heavy Metal, Großbritannien, spielte bei
diesen Verschiebungen der Musiklandschaft kaum noch eine tragende Rolle.
Aber zurück zu unseren Apolloraner, die es in diesem schwierigen Umfeld
schwer hatten, Fuß zu fassen. Und das, obwohl sie ein Tape ablieferten, dass
eben jenes seltene Potenzial hatte, sowohl klassische Metallurgen zufrieden
zu stellen, als auch neue Fans mit einem frischen, irgendwie zeitgemäßen
Stil zu beeindrucken, nicht unähnlich wie die genannten SANCTUARY. Die
beiden eingängigsten Tracks setzte man auch ganz bewusst am Anfang, “Crimson
Street“ und vor allem der Melodie-Hammer “Out In The Night“ müssen einfach
jedem gefallen, den die Pop/Techno/Schlager-Musik noch nicht völlig taub
gemacht hat. Völlig egal, ob ihr den Song eurem Briefträger, eurer
Schwiegermutter oder dem GEZ-Schnüffler vor der Haustür vorspielt, damit
solltet ihr leicht punkten können. Danach wird es hier und da etwas
vertrackter und der abgehackte, “moderne“ Gesangsstil bei “Creating Zero“
hätte wegen mir nicht sein müssen. Doch mit dem furiosen Dreierpack auf der
B-Seite, bestehend aus “Ra Pariah“, “Bane Of The Black Sword“ (inspiriert
durch die reichhaltige Fantasywelt von Michael Moorcock) und “March Of Fire“
läuft die Band wieder zu bestechender Höchstform auf. Das ist packender,
dynamischer US Metal der höchsten Güte und von fähigen Musikern umgesetzt,
von denen Sänger Daniel John Miller unter ansonsten gleichwertigen Könnern
noch gesondert herausragt. Bewegt er sich doch mit traumwandlerischer
Sicherheit in derart hohen Tonlagen, dass sich im Vergleich dazu jeder
Hobby/Karaoke-Sänger fragen muss, ob er das Trällern von Liedern vielleicht
besser auf den morgendlichen Duschvorgang beschränken sollte. Derart
gnadenlos gute Powermetal-Songs waren Ende der 80er selbst aus den USA
längst ein seltenes Gut geworden. Und der oft herbeigezogene
QUEENSRYCHE-Vergleich stößt anhand solcher Powertracks bei mir auf
Unverständnis, APLLO RA hatten ihren eigenen Stil, der so gut umgesetzt
wurde, dass man allerhöchstens grobe Vergleiche ziehen kann, aber keineswegs
von einer Kopie von Band “xy“ sprechen sollte..
Im Gegensatz zu der späteren Bootleg-CD fehlen auf dem Vinyl die beiden
Tracks “Coming Of Age Rukkus“ und “Alone In The Darkness“, die hier der
Vollständigkeit halber erwähnt werden sollen. Beide haben einen etwas
dumpferen Sound und scheinen mir etwas härter, fast schon thrashiger
ausgerichtet zu sein. Trotzdem sollte natürlich der offiziellen Version der
Vorzug gegeben werden. Für Zuspätgekommene wie mich, hat der Labelinhaber
noch einen Restposten, den man sich abgreifen sollte, bevor auch dieser
aufgebraucht ist.
(c) 2010, Peter Müller
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