Horcas: Vence

Oh Mann, was für ein Brett! Die dritte Scheibe der
Argentinos von Horcas ("Galgen") kommt als eine
Mischung aus Death Angel, altem Raven und Armored
Saint
. Produziert wie es der Metallgott im Stahlhimmel
selbst befohlen hat, nämlich gnadenlos hart, muss die
heimische Stereo-Anlage alles geben um diese unbändige
Power zu verkraften. Die Gitarren krachen ohne Ende,
der Double Bass feuert drauflos wie eine
Maschinenpistole auf automatic, und Sänger, nein:
Shouter Walter Meza macht John Bush' Throat Attacks
mit den Saints Konkurrenz! Da ich der spanischen
Sprache leider nicht mächtig bin, kann ich über die
Texte nur aussagen, dass sie von Wut über die sozialen
Umstände Argentiniens geprägt sind. Mancher
selbsternannter "True" Metaller wird da wieder
seufzen, aber lassen wir das.
Die Musik auf "Vence" geht zurück zu den Wurzeln des
Metals, lässt alle heutzutage scheinbar "wichtige"
Elemente wie Keys, lange Intros und Outtros, Konzept
und sonstigen Kram aussen vor. Es ist ein pures
Metal-Erlebnis der guten alten
Stretchjeans-und-Schweiss-Sorte, dass man vom Kwintett
aus einem Vorort von Bueños Aires geboten bekommt, und
ich will gar nicht erst wissen wie eine Live-Show der
Truppe abgeht. Die überrollen alles und jeden, da
setze ich zehn Liter Sauza Gold drauf.
Hört man sich den Hammer "Gritos en tu interior"
("Schreie in deinem Inneren") oder "Mentes perversas"
("Pervertierte Lügen") an, dann wird man gleich
zurückversetzt in jene Zeit als die Gallagher-Brüder
jeden Abend voll auf die Zwölf gingen und die
Osegueda-/Cavestany-Familie im zarten Alter von
achtzehn Jahren ein Mörderalbum wie "The
ultra-violence" raushauen konnte. Power, Power und
abermals Power. Und das schöne dran: diese Scheibe
startet klasse, und steigert sich dann!
Mittlerweile ist mit "Eternos" das vierte Horcas-Album
(mitsamt Multimedia-Teil) erschienen, dass ein wenig
"ruhiger" ausgefallen ist. Das mag wohl daran liegen,
dass die Band heute auskommen muss ohne ihren
treibenden Kraft, den Gitarristen Osvaldo Civile, der
vor einiger Zeit verstarb.
Ob und wie es mit den Galgenmetallern aus Argentina
weitergeht, entzieht sich meiner Kenntnis, Fakt ist
aber, dass "Vence" alles platt macht was sich hier und
heute "True Metal" nennt und Horcas einen Auftritt in
Wacken oder Balingen verdienen wie Queensryche ihre
endgültige Auflösung.

(c)2000, Oliver Kerkdijk