Arakain: Forrest Gump

Das neueste Werk der wohl größten tschechischen Metalband. Frisch aus dem Presswerk gekommen, können Arakain auch im mindestens 17. Jahr ihres Bestehens mit genialer, einfallsreicher Musik glänzen, die zwar nicht dem gängigen True Klischee Metal entspricht, aber auch lange nicht irgendeinem Trend nachhängt, sondern sich inmitten aller metallischen Strömungen ihren Weg bahnt. Zuallererst fällt einem die völlig eigenständige Stimme von Mastermind Ales Brichta auf. Rauh, ehrfurchterweckend monumental, sehr emotional, technisch nicht perfekt inszeniert, dafür halt sehr bodenständig und menschlich. Ales ist ein Kultmetalsänger vor dem Herrn. Die instrumentale Seite variiert innerhalb der einzelnen Songs, wie auf der insgesamt recht abwechslungsreichen CD. Arakain sind eigenständig, das vorweg. Wer ihnen was will, der muss sehr früh aufstehen. Knallharte, trockene und rhythmusbetonte Riffs finden sich zuhauf. Dazu viele unverzerrte Passagen, die einen wunderbaren Kontrast dazu bilden. Arakain haben ihre Stücke flüssig und recht eingängig arrangiert, was den Melodien viel Platz einräumt. Zwei Balladen finden sich auf dem Album, wobei ich das ergreifende Titelstück, welches einen der tragischen Figur "Forrest Gump" entsprechenden Grundcharakter hat und zum Teil sehr heavy aus den Boxen kriecht, auf alle Fälle als zukünftigen Klassiker und potentiellen Hit bezeichnen würde. Wie gesagt, passieren kann alles, auch ohne dass Songs auf Kommerz getrimmt sind. Zurück zur Instrumentierung von Arakain. Die trockenen Riffs werden zum Teil die Anti - Pantera Fraktion hellhörig machen, aber meine Herrschaften, ich bitte Sie, Sie werden doch stumpfes Gedresche von trockener Brachialität als eines von vielen Stilmitteln unterscheiden können. Die großen Amihelden dreschen nur, wenngleich sie ihre Instrumente beherrschen. Wem Arakain zu modern sind mittlerweile, bitte, sie haben noch einige Platten mit old schooligem Thrashmetal zu bieten. Wer auf Bands wie Nevermore und Unleashed Power kann, sich vor tschechischen Texten nicht ekelt und einmal eine supergeile Band mit eigenem Charakterkopt hören will, die noch nie ein schwaches Album (selbst "Salto Mortale" hatte eine Vielzahl guter bis sehr guter Momente) auf die Menschheit losgelassen hat, bitte, hier sind Arakain. Einer ihrer weiteren Killersongs auf diesem Album ist das mit mystisch - orientalischen Melodien veredelte "Hvezdar", welches eine brettharte Strophe und einen einschmeichelnden, cleanen Pre Chorus verbindet, dann in einen Powermetalrefrain der Extraklasse übergeht. Geil finde ich an diesem, wie auch an vielen anderen Stücken die singende Leadgitarre, welche den Gegenpart zu den trockenen Rhythmuschords übernimmt. Amibands haben zumeist nicht soviel Schneid, ich weiß auch nicht, wo der Grund liegt, daß sie eher zu Stumpfheit neigen, aber wie die Kultur des Landes, so die Musik der Bands. Oftmals. Arakain spielen reichhaltig mit Melodien angereicherte Songs, die einen enormen emotionalen Tiefgang aufweisen, so reichhaltig und schön wie die tschechische Kultur eben auch ist. So geschehe es dann, daß sie 2001 endlich den ihnen zustehenden Durchbruch in Richtung Westeuropa schaffen, denn bevor wir weiterhin mit langweiligem, eintönigen Melodicspeed der Kinderliedfraktion, auf Metal getrimmtem Dinosaurierbomabstrock und - pop, eindimensional Dream Theater kopierenden pseudoprogressiven Hardrockbands (von denen aber viele okay sind, gilt auch für den Bombastkram) zugeschissen werden, von solch tollen Sachen wie Guanon Apes, deren "Kumbayah" - Parodie mit diesem bayrischen Komiker nicht einmal ansatzweise Niveau aufweist, ganz zu schweigen, lasset uns lieber die Ohren öffnen und unseren östlichen Nachbarn eine Chance geben. Arakain rulen mit intensivster Metalkeule!


(c)2001, Sascha Maurer