Spirit Web: Spirit Web

Was macht man, wenn man tags vor Wacken 2000 in den
Regalen Hellions eine Scheibe mit mystischem Cover
sichtet, auf deren Rückseite es heisst "Featuring
former members of Syris, Slauter Xtroyes and
Winterkill"? Man zieht den Geldbeutel und geht mitsamt
Scheibchen zur Kasse. Und was haben wir nun von diesem
blinden Kauf, geehrte Metalleros? Ein edles Kleinod
mit bis zum digitalen Kollaps vollgestopftem Power
Metal mit bescheidenem, stets nachvollziehbarem
Progressive-Touch. Spirit Web heissen die talentierten
Newcomer aus Illinois, und mit Scott Huffman und Paul
Speredes begrüssen wir gerne den zweiten Syris-Shouter
und Syris-Gitarrist zurück. Und holla, Drummer Tony
Rios und Bassist Brent Sullivan kennen wir von
Winterkill/Slauter Xtroyes. Wie gesagt, die Referenzen
stimmen schon mal.
Irgendwo zwischen Winterkill, Ion Vein (unterstützt
diese Band wenn ihr es nicht schon tut!) und
Mystic Force bewegt sich agil das auf sehr hohem
Niveau angesiedelte Material. Das Progressive-Element
hat aber nichts mit dem, was Dream Theater und Co. so
machen zu tun. Eher versteht sich das bei Spirit Web
als durcharrangierte Musik, in der einem zwar die Riffs
und Ideen handvoll um die Ohren fliegen, der Metal
aber immer das Ziel der Sache ist. Wer Texas-Metal à
la Juggernaut oder Arcane (progressiv aber immer
heavy) mag, dem sei deswegen auch geraten, diese CD in die
Sammlung aufzunehmen. Sänger Scott brilliert in nie zu
komplexen, mit Herz gespielten Songs wie das massive
"Seeping shadows" (geiler Titel, by the way) oder das
fernöstlich angehauchte "Osiris be thy judge" mittels
hervorragende Gesangslinien. Metal with class eben,
wie wir sie aus den US-Underground seit eh und je
kennen und lieben.
Heavy sind sie (und von Gitarrist Speredes amtlich
metallisch produziert obendrein), die elf
Kompositionen, die Spirit Web hier auf uns loslassen,
und manchmal gar hochmelodisch, wie zum Beispiel im
hervorragenden "Never time". Der Repeat-Stampfer
heisst "Undivine intervention" und darin zieht
Gitarrero Speredes sämtliche Register seines
Griffbrettkönnens. Soli-do, Soli-re, Soli-mi - für
alle Gitarrenfetischisten des wahren Underground ein
einziger Ohrgasmus.
Ach, die Band wird live wohl explodieren wie Chow
Yun-Fat in John Woo's THE KILLER, und wir werden wohl
nie die Gelegenheit haben sie in Europa zu erleben.
Macht nix, hier ist die Scheibe, dort der CD-Player;
Trost und Metal für alle. Herr Pfarrer, bitte
aufdrehen.
Check 'em out at: http://spiritwebtheband.com
Oliver Kerkdijk.

(c)2000, Oliver Kerkdijk+

1