Axel Rudi Pell : The Masquerade Ball

Auf manche Leute kann man sich einfach verlassen. Der Tag, an dem Axel Rudi Pell mal entscheidende musikalische Korrekturen seines Stils vornimmt, ist wahrscheinlich eines der Vorzeichen der Apokalypse. Das möchte ich sicher nicht bei allen Bands sehen, schließlich bewundere ich die Vielseitigkeit von Bands wie Savatage, Demon oder Judas Priest in höchstem Maße, aber Axel gehört einfach zu den Menschen, die sich so was leisten können - die Motörheads, AC/DCs oder Malmsteens dieser Welt. Und eben die Pells. Wenn man sich so 'ne Scheibe kauft, will man einfach keinen experimentellen Jazz oder ähnlichen Unfug hören - da wird in altbewärter Manier gerockt.

Und so bedient Axel auch auf seinem x-ten Album "The Masquerade Ball" seine Fans wieder in perfekter Weise. Die Anleihen an die alten Rainbow-Tage bzw. diverse Black Sabbath-Zitate (Dio/Martin-Ära, natürlich) sind längst zu Eckpfeilern des typischen Axel-Sounds geworden. Der Mann setzt auch diesmal wieder in herrlich epischen Hard Rock-Werken zu diesen wunderbaren, gefühlvoll-melodisch gespielten Gitarrensoli an, wobei er aber nie (im Gegensatz zu einigen anderen Zeitgenossen) den eigentlichen Song vergißt - was mich an den Pell-Alben immer wieder begeistern kann, ist, daß Axel als Songwriter mal mindestens so gut ist wie als Gitarrist.

Ach ja, Johnny Gioeli. Ich habe Hardline zu meiner Schande niemals gehört, aber wenn Johnny da 'ne ähnliche Vorstellung abgezogen hat wie hier, muß ich das unbedingt nachholen. Allein der ruhige Beginn des Titeltracks (magisch!) und die Übernummer "The Line" sind dank ihm den Preis für die ganze CD wert - frage mich, ob die allgemein etwas ruhigere, weniger geradlinig-metallische Ausrichtung der Scheibe etwas damit zu tun hat, daß Axel die Songs nun spezifisch für Johnnys Stimme schreibt. Wundern würde es mich aber nicht.

Kritik? Na ja, seit ein, zwei Alben sind mir die schnelleren Standard-Rocker etwas zu standardisiert worden. Dies galt noch stärker für "Oceans of Time", aber auch auf der neuen CD sind ein, zwei Tracks, die ich in Zukunft vielleicht weiterzappe - diese Art Song habe ich zu "Between The Walls"-Zeiten (Götter-Scheibe!!!) schon wesentlich inspirierter gehört. Die erstklassige Biker-Hymne "Hot Wheels" dagegen ist ein Schritt in die richtige Richtung.

Fazit: ein sicherer Kauf für alle Pell-Fans. Auch Neueinsteiger können eigentlich nichts falsch machen - jedes Album seit der oben bereits erwähnten "Between The Walls" ist meiner Meinung nach ein absoluter Genre-Klassiker geworden. Da macht auch "The Masquerade Ball" keine Ausnahme.

(c)2000, Ernst Zeisberger 1