Nightshade: Men Of Iron

Ja, gibt’s denn sowas!? Nachdem vor zehn Jahren die ex-Q5-Recken Jonathan Scott K. (Gesang) und Rick Pierce (Gitarre) inklusive zwei weiteren Herrschaften unter dem Namen Nightshade das feine Hardrock-Scheibchen “Dead of night” veröffentlichten und gleich vom Grunge-Trend gekillt wurden, liegt heute eine metallfrische CD vor! “Men of iron” nennt sich das runde Ding und wahrlich: der Titel ist Programm. Zehn Qualitätsknaller sind hier zu begutachten, abwegig aller Trends, voller Abenteuer, Gänsehautmelodien und Leidenschaft.

Das seltsame an der Sache: Vokalakrobat Jonathan Scott K. klingt mit seiner heiseren, von Jack Daniels und Lucky Strikes gepflegten Stimme heutzutage mehr nach Biff Byford als Biff Byford selbst. Da auch das Songmaterial und die Spielweise fatal an Saxon erinnern und die do-it-yourself-do-it-with-feeling-Produktion von Pierce herrlich nostalgisch an die Studiotechniken von 1981 referiert, geht einem diese fliegende Untertasse so schnell nicht mehr aus dem Player/Ohr. Besser noch: Nightshade sind heavier, kerniger, abwechslungsreicher als damals und übertreffen sogar die Qualität des Q5-Erstlings “Steel the light”, da hier ALLE Songs knallen.

Ob echte Rockern (“Speedburner”, “Commit to the night”), Halbballadeskes (“Dreamland”) oder Metal-all-the-way (der geniale Fetzer “This thing kicks”; voll in der “20,000 Feet”-Tradition!); die vier eisernen Kerle aus Seattle hauen den einen nach dem anderen Headbanger raus. Hooklines en masse! Und dann kommt es NOCH besser: mit “The quest” und “Blood and iron” (nein, kein Cirith Ungol-Cover) holt man sogar zwei mal zum Epic-Rundumschlag aus. Da fließen, stiltechnisch irgendwo zwischen Virgin Steele’s “The redeemer” und Saxons “Crusader”, die blutigen Tränen des schwertschwingenden Metal Warriors auf dem Schlachtfeld im kalten Morgengrauen. Jonathan Scott K. übertrifft sich selbst in edelst heroischen Gesangspassagen, während Rick Pierce  mit metallischen Riffs glänzt und einfallsreichen Soli, denen es nirgends an Gefühl und Melodie fehlt. Auffallend ist auch Neuzugang Frankie Rongo; es muss eine Freude sein, dieses Drum-Tier live sein Kit malträtieren zu sehen.

Auf “Men of iron” befinden sich NUR erstklassige Lieder in einer kraftvollen und (Achtung: neue Wortschöpfung) digitalzeitalterwidrigen Underground-Produktion. Es gibt demzufolge keine einzige Ausrede für Leute die sich “Metal” und “Traditionalist” schimpfen, diese silberfarbene Krachersammlung nicht umgehend bei den hilfsbereiten Leutchen in Itzehoe zu ordern.

Eins bedarf in diesem back-to-basics-Rahmen noch hinzugefügt: Sänger die sämtliche Tate-/Kiske-/Dickinson-Tonleiter rauf- und runterjodeln gibt es wie Volltrunkene am Wackener Biertresen, aber eine Stimme mit Charisma und Farbe ist anno heute eher die Ausnahme. Jonathan Scott K. – grab that mike and rule!

(c)2001, Oliver Kerkdijk 1