Mutiny: Guilty As Charged/Faded Pages


Aha, Hellas - immer gut für eine tropische
Metal-Überraschung. Fast kein Trend-Schrott kommt vom
Ägäischen Meer zu uns rübergeschwappt, das ist schon
mal ein wegweisendes Zeichen des guten hellenischen
Musikgeschmacks. Mit Mutiny aus Athene gesellt sich
jetzt eine talentvolle Metalband zu den raren Gruppen
die zurückgehen zu den Wurzeln des europäischen
Metals, Marke Sortilège, High Power, Der Kaiser und
Consorten. Bin ganz dafür.
Die mir vorliegende CD-R hat ein sehr schönes,
gedrucktes Cover, dass sich vor den Gemälden eines
Andreas Marschalls oder Kristian Wahlins nicht zu
verstecken braucht.
Die auf der Scheibe erhaltenen zwei Demos der
Griechen, "The cross-bone flag" und "Faded pages"
bringen es zusammen auf sechs Songs und ein Intro. Man
legt viel wert auf melodische Gesangslinien und
Gitarrenläufe, auch wenn das oft heisst, die
Geschwindigkeit zu drosseln und mit knappen
Arrangements die eher altmodische Atmosphäre zu
erzeugen. Wer beim Einsteiger "The cross-bone flag"
einen Rock 'n' Rolf-Kopie erwartet, wird gleich eines
besseren belehrt. Zwar geht's textlich um die
allerorts beliebten - naja, jedenfalls von mir
geschätzten - Piratengeschichten, die Musik tendiert
wie gesagt in eine gemässigtere Richtung. Der
Keyboarder ist übrigens "special guest" und die Tasten
dienen nur zur Ergänzung des Gesamtsounds. Recht so.
Ach ja: das Gitarristenduo Agis Krimpenis und Michalis
Feidakis hält auf Tradition und somit gibt's
Doppelleads und feine Melo-Soli. Sänger Alexis
Zervanos hat eine variable Stimme, aber könnte noch
viel mehr aus sich herausgehen. Man hat das Gefühl, er
traut hier und da sein Talent nicht, aber glaubt mir,
der Mann hat es drauf.
Beweis gibt's schon in der zweiten Nummer "Guilty as
charged" (hello Culprit und Agent Steel), wo er sowohl
tief singt als auch die spitzen Schreie im Refrain
sauber hinbekommt.
Das zweite Demo fängt an mit dem Intro "Agean Sea"
(sehr atmosphärisch geraten) und geht über in "Dark
soldiers of death", das mit einer Warlord-ähnlichen
Gitarrenmelodie versehen wurde und im Marschtempo
daherstampft. Gute Soli und ein subtiler Piano-Akzent
komplettieren den Song, der nur ein wenig darunter
leidet dass Sänger Alexis die ausgefeilte Gesangslinie
irgendwie nicht richtig packt. Liegt wohl eher an
Zeitmangel im Studio als an mangelnden Vocal-Talenten,
da auch die nachfolgenden Nummern den Eindruck machen,
unter Zeitdruck aufgenommen zu sein. "Changing
seasons" ist eine sehr langsame und durchaus gelungene
Ballade mit Doppelsoli, "Speed monster" und "Inner
mirror" (ein etwas schrammeliger Stilbruch) sind etwas
unausgegohren und qualitativ ein wenig entfernt vom
Niveau des restlichen Materials. Die Band braucht
etwas mehr Selbstvertrauen in der technischen
Umsetzung der Ideen und das Tempo könnte man von mir
aus hin und wieder ruhig einige Täktchen höher
schrauben.
Gitarrist Agis meldete mir, dass Mutiny im September
ihr offizielles Debüt "Muted" via Steel Gallery auf
den Underground loslassen. Hoffentlich hat man bis
dahin die kleinen Ungereimtheiten aus den Weg geräumt,
denn das Potential ist vorhanden.
Hier die E-mail-Adressen der meutenden Hellenen:
mc95042@central.ntua.gr
oder:
agios39@yahoo.com

Die Postadresse lautet:
Agis Krimpenis
Platonos 12
111 47 Galatsi, Athens
Greece.

(c)2000, Oliver Kerkdijk+

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