Manilla Road : Spiral Castle

Puh, starken Tobak gibt es diesmal von unseren Lieblings-Kultmetallern zu verdauen! Sogar für Manilla Road-Verhältnisse nicht gerade leicht zugänglich ist ihr neuestes Werk “Spiral Castle”, der langerwartete Nachfolger des genialen “Atlantis Rising”-Comebackscheibchens. Ein erster Blick auf das Backcover läßt den Betrachter stutzen: nur sieben Tracks, und davon auch noch zwei Instrumentals? Will man uns hier eine verkappte EP zum Vollpreis andrehen? Immerhin bringt es ”Spiral Castle” noch auf eine Spielzeit von 46 Minuten, was dem aufmerksamen Zuhörer wohl schon vor Auflegen des guten Stückes klar macht, daß hier heftiger denn je die Epic-Keule geschwungen wird.

Und so kommt’s denn auch: nachdem uns Meister Shelton zwei Minuten lang mit seinem urtypischen Gitarrenspiel begrüßt hat, schlägt der Titeltrack bereits heftigst auf den Radarschirmen qualitätsuchender US-Metal-Jünger ein und gibt zugleich die Marschrichtung für das, was nun folgen soll, vor. Düsterer, heavier, doomiger und NOCH epischer als zuletzt heißen die Trümpfe, die man auszuspielen gedenkt.

Das kurze, mal wieder auf einer Kurzgeschichte von Edgar Allen Poe beruhende “Shadow” hingegen kann mich nicht 100% überzeugen - trotz eines erstklassigen Soloparts passiert hier musikalisch einfach zuwenig. All das ist jedoch vergessen, sobald das göttliche “Seven Trumpets” (ursprünglich übrigens mal als Titelsong vorgesehen!) einsetzt: eher ruhig und balladesk beginnend, steigert man sich mit zunehmender Spielzeit in ein mitreißendes Songjuwel allererster Klasse rein, das problemlos auch Gänsehautgaranten wie “Dragon Star” oder “Astronomica” Konkurrenz machen kann!

Mit dem über zehnminütigen “Merchants Of Death” folgt der wohl heavieste Song, den die Band jemals aufgenommen hat. Tonnenschwere Doom-Riffs paaren sich mit intelligenten Lyrics, die sich gegen religiös motivierte “heilige Kriege” richten, und auch an einen sehr gefühlvollen Zwischenpart haben Shelton &Co. gedacht. Mit dem Solieren übertreibt es Mark hier für meinen Geschmack aber etwas zu sehr – der Song hätte ruhig auch drei Minuten kürzer ausfallen können.

Das nächste Epos erklingt gleich mit “Born Upon The Soul”, das in seiner Gitarrenarbeit höchst gekonnnt mit orientalischen Themen spielt und Lust auf mehr macht. Aber mitnichten – das war’s schon! Jungs, da hätten zwei, drei weitere Songs alles andere als geschadet. Insbesondere die straighteren Rocker der Marke “Necropolis” oder “Divine Victim” kommen diesmal schließlich völlig zu kurz.

Alles in allem: was die Wichita-Metaller hier abliefern, ist wie üblich erstklassiger Stoff, der die Kreativität dieser Ausnahmeband ein weiteres Mal ganz dick unterstreicht. Alleine quantitativ hatte ich schon auf etwas mehr Reviewfutter gehofft…

(c)2002, Ernst Zeisberger

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