Gaskin: Stand Or Fall

KAUFEN! Ja, wer denn, was denn? Dieses Stück Hardrock
von der britischen Insel, meine Damen und Herren!
KAUFEN! Warum denn? Weil es jedem Möchtegern-Riffkönig
und Metal-Komponisten neueren Jahrgangs zeigt, wie man
denn nun wirklich Musik mit Herz fabriziert, ohne sich
einen Scheissdreck um Verkaufszahlen oder
Medienpräsenz zu scheren. Darum.
Vor fast zwanzig Jahren (glaube es auch selber kaum,
aber es sind seitdem tatsächlich fast zwanzig Jahre
vergangen - man, do I feel old...) hörte ich die LP
"End of the world" von Gaskin und meine Begeisterung
war total. Klasse Material von Seite A bis Seite B und
zurück ("Despiser", "Victim of the city", "I'm no
fool"). Die Melodie der Über-Ballade "Handful of
reasons" hab' ich unzählige Male vor mich hingepfiffen
als es auf dem Fahrrad zur Schule ging. In gewisser
Weise sind Paul Gaskin und seine Mannschaft seitdem
immer musikalisch in meiner Nähe gewesen (obwohl die
zweite LP "No way out" in 1982 nicht der erhoffte
Hammer war und das vorzeitige Aus für die Truppe
bedeutete). Ein Bootleg und die Japan-Pressung von
"End of the world" stehen seit Jahren im Schrank und
"Handful of reasons" bedeutet mir, auch des Textes
wegen, ziemlich viel. Als ich - von Herrn H. aus I.
angespornt - mir die dritte Scheibe von Gaskin
zulegte, ahnte ich nicht, dass da keine überflüssige
x-te Reunionscheibe in meinen Postkasten wandern
würde, sondern eine CD, die es schlicht und einfach zu
KAUFEN galt. So geschehen.
Keine Bandbesatzung wird im schlichten Booklet
genannt; lediglich Sänger/Gitarrist Paul Gaskin ist da
vermerkt als Songschreiber, Engineer, Producer,
zusammen mit zwei Gastmusikern die nur auf zwei der
zwölf Nummern zu hören sind. Kurz: "Stand or fall"
klingt - ob ihr es glaubt oder nicht - als wäre die
Platte 1981 entstanden. Nicht nur die Songs sind
allererster NWOBHM-Sahne, die undergroundige
No-Budget-Produktion bringt die Sache auf den Punkt:
so hat die NWOBHM geklungen und so sollte sie auch
jetzt klingen! Wer da was meckert von "altbacken" oder
"Demo-Qualität", der hat entweder die glorreichen Tage
von damals nicht miterlebt oder schlichtweg nichts
kapiert. Lauscht weiterhin euren
True-Blabla-Luxusproduktionen und trinkt ein
Alkoholfreies; mir doch egal. Musikfreunde und solche,
die es werden möchten: KAUFEN! Stimme und Gitarre Paul
Gaskins wirken schon nach wenigen Takten ihre
altbekannte Magie; das ist alles far from perfect (und
manchmal gar daneben) aber soooo gefühlvoll und
passioniert rausgerockt, dass einem einfach die Tränen
kommen. Der uptempo Anfangskracher "Man is back" (mit
emotional-aggressivem Text) zeigt uns den geraden Weg:
britischer Hardrock edelster Machart. No frills, just
melodies! Und Paulchen hat im Rhythmusbereich
härtemässig sogar noch einige alt-englischen
Brikettchen zugelegt, was man in etlichen Songs (z.B.
im megafetten "Breaking my heart" - keine Ballade!)
nicht überhören kann. Ach, gäbe es doch den guten Tony
Jasper noch mit seiner "The Heavy Metal Show" auf BFBS
- er hätte Tracks wie "City of lights" zu Tode
gespielt und wir wären alle zufrieden schlafen
gegangen in der festen Überzeugung, die Welt gehöre
morgen den GUTEN Musikern. Und bevor der TJ dann die
beste Hörstunde der Woche beendet hätte mit seinem
legendären "Don't forget to change ya clothes,
byebye!" hätte er uns ans Herz gelegt, dieses neue
Gaskin-Album blind zu KAUFEN!
Epischer als in "Only the brave" (Killer! Killer!
Killer!) geht es im Schwermetall einfach nicht und
reines-feines Rockfutter wie "Stand or fall" oder "Why
the gun?" bekommt man nur noch selten digitalserviert
- und schon gar nicht auf einer und derselben Platte.
Ach, wäre diese CD nur auch als Gatefold-LP
erschienen; ich müsste mich wegen akuter Austrocknung
("Zuviel geweint, Chef!") im Büro krank melden.
Ja, höchste Zeit dieses Review zu beenden; die
Nostalgie nimmt überhand und ich kann von der Scheibe
eigentlich nur Euphorisches berichten, wird auf der
Dauer auch langweilig. Deswegen: KAUFEN! Gibt's bei
den Hellions in Itzehoe, of course.
Thanks, thanks, a million thanks to Paul Gaskin for
saving his divine music from an undeserved oblivion.
Cheers, mate!

(c)2000, Oliver Kerkdijk

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