Dark At Dawn : Crimson Frost

Wohl die stärkste deutsche Power Metal-Band unserer Tage sind und bleiben Dark At Dawn. Der lang erwartete "Baneful Skies"-Nachfolger überzeugt mich (fast) genauso wie weiland der geniale, offizielle Erstling, der für mich noch heute eins der besten Metal-Debüts der 90er ist. Pflegt die Truppe doch auch diesmal wieder wie wenige andere ihren ureigenen Sound, der eindrucksvoll den kraftvollen Metal von Bands wie Iron Maiden oder Running Wild mit der düsteren, melancholischen Stimmung von Acts wie mittelalten Paradise Lost ("Shades Of God"/"Icon"-Phase), Cemetary oder old Sentenced (mit Taneli Jarva) verbindet.

Produktionstechnisch hat man dank Andy Classen an den Reglern ordentlich zugelegt - die noch stärker ausgefallenen melodischen Leads des Gitarrenduos Majkowski/Schröder bahnen sich druckvoller denn je in die Gehörgänge. Man höre sich nur den stimmungsvollen, Gothic Metal-lastigen Opener "The Frozen Tear" an - genau diesen Stoff könnten Paradise Lost heute spielen, wenn sie denn jemals einen Metal-Background gehabt hätten. Das mit kompetenter weiblicher Unterstützung vorgetragene "Across The Oceans Of Time" hingegen weist sämtliche, Andi Möller-mäßig vor sich hinheulenden The Gathering/T.O.T.-Clones gefühl-, aber dennoch kraftvoll (das ist schließlich METAL, gelle?) in ihre Schranken. Nebenbei, auch der Gesang von Buddy erinnert mich immer noch viel eher an Nick Holmes' erste melodische Gesangsversuche auf meinem persönlichen PL-Fave, "Shades Of God", denn an Omen-Götterröhre J.D. Kimball, wie man desöfteren zu lesen bekommen hat. Das klingt zwar kultig und höchst eigenständig, wird aber ohne Zweifel der Faktor sein, an dem sich hier die Geister scheiden. Mir gefällt's jedenfalls...

Songs wie das schnelle "A Winter's Dream" oder die überragend melodischen "The Oasis" und "Whispers Of Forgotten Lore" wiederum kommen eher von der Power Metal-Seite der Dinge daher; und auch wenn diese Songs mich voll und ganz überzeugen können, so fehlt mir persönlich doch 'ne Monsterhymne von den Proportionen eines "Within The Light" oder des Titelsongs vom Debüt. Was auch - zusammen mit dem eher mittelmäßigen Gary Moore-Cover "Out In The Fields" - das "fast" aus dem ersten Absatz erklärt: alles in allem klang die "Baneful Skies" wohl etwas variabler, aber es ist wohl immer der Fluch des zweiten Albums, wesentlich schneller zusammengeschustert werden zu müssen. Und der Qualitätsabfall kann durchaus wesentlich extremer ausfallen - man höre sich etwa die zweite Destillery im Vergleich zur "Immortal Sun" an; dann wird einem sehr schnell bewußt, welchen exzellenten Job Dark At Dawn hier größtenteils vorgelegt haben. Ergo sollte das gute Stück auch jedermann sein eigen nennen, dessen Horizont in Sachen Power Metal über die Happy-Happy-Helloween-Schiene hinaus geht.

(c)2001, Ernst Zeisberger 1