Cage : Astrology
Bei allen Metal-Göttern, was für ein Album! Ich hatte von dieser Platte ja einiges erhofft, aber letztendlich einen Silberling in den Fingern zu haben, der problemlos mit den ganz großen Klassikern des Genres mithalten kann, wagte ich ja dann doch nicht zu erwarten - doch genau das ist passiert. Über eine erfreulich opulente Spielzeit von fast 70 Minuten bieten uns die Kalifornier überragenden Power Metal irgendwo zwischen klassischen Judas Priest und ganz alten Savatage-Klamotten (bis zur "Power Of The Night" - ein Song heißt gar "Fountain Of Youth", ist aber kein Cover) und leisten sich nicht mal ansatzweise Ausrutscher, geschweige denn irgendwelche Komplettausfälle.
Im Gegenteil - nach einem kurzen Intro geht die Post gleich höllisch ab - "Final Solution" ist einer dieser Songs, für die irgendwann ein weiser Mann das Wort "fantastisch" in den Duden gekritzelt hat. Killerriff, dann ein eröffnender Schrei von Frontmann Sean Peck, den ich zunächst für Ripper Owens halte, dann ein Chorus, der die gesamte "Jugulator" in ein paar Sekunden schamesrot werden läßt (sieht besonders in der Vinyl-Variante höchst amüsant aus...). Nebenher donnern natürlich die Klampfen, was das Zeug hält, eingängige Riffs aus den Boxen; und die Gitarren-Duelle werden mit unermüdlichem Einsatz zum Vortrage gebracht, als würden sie für den Verlierer tödlich enden.
Mit "Psychotically Deranged" folgt denn ein gut stampfender
Mid-Tempo-Rocker, der glatt aus dem Priest-Katalog
stammen könnte; und hier zeigt sich auch noch deutlicher die stimmliche
Nähe des Frontmannes zu Altmeister Halford - im darauf folgenden "The
Edge" dagegen zeigt man sich eher von Jon Olivas ersten Gehversuchen in Sachen
Metal beeinflußt, inklusive tonnenschwerem Riffing und spitzen Schreien,
die direkt aus "Sirens" oder "Hall of the Mountain King" entliehen scheinen.
Klasse!
Auf dieser Schiene, mit einem Schwerpunkt auf den hymnischen Songs mittleren
Tempos, begibt man sich über den Großteil der Spielzeit, aufgelockert
von zwei fantastischen, epischen Balladen (der gigantische Achtminüter
"Souls And Flesh" sowie das nicht minder gute, mit einem Killer-Refrain versehene
"Vandalize"). Nebenbei gibt mir der wohl beste Song, "The Trigger Effect",
sowie insbesondere "Victim Of Society" immer höchst angenehme
Sanctuary-Flashbacks, die ja eigentlich stets willkommen
sind. Intelligenter, doch absolut powervoller Metal mit Wahnsinnsmelodien
und einem Gesang, der nicht mehr von dieser Welt sein kann. Wie schön
kann doch das Metaller-Leben manchmal sein...
Der finale Track, "The Astrologicon" erinnert mich vom Titel her etwas an an den jüngsten Crimson Glory-Fehlversuch, musikalisch dagegen ist man Welten darüber anzusiedeln, auch wenn diese Band, allerdings zu Midnight-Zeiten, ganz gut als Vergleich herhalten kann. Wie auch immer - er beschließt ein Album, das für mich ohne Zweifel zu den absoluten Highlights eines ohnehin schon sehr starken Metaljahres zählt. Dürfte ich hier Noten verteilen, stünde einem astreinen Full House nichts, aber auch gar nichts im Wege. So will ich meinen Metal haben!
(c)2000, Ernst Zeisberger