Avalanch: El Angel Caido
Von Mallory zu Avalanch, von nettem Durchschnittshardrock'n'roll zu höchstwertigem Melodicmetal. Schon das Intro ist pompös und dramatisch aufgebaut. Der Leadgitarrist zeigt hier seine Zugehörigkeit zur Garde der ganz großen wie Gary Moore oder Michael Schenker. Mit "Tierra de Nadie" haben sie dann einen völlig geilen Einstand. Speediger Heavymetal mit leicht melancholischer und doch mitreißend positiver Melodieführung, niemals zu fröhlich wirkend, nie in Geträllere abgleitend, auch nicht von zu vielen Keyboards aufgeweicht! Der Mittel - und Solopart ist recht verspielt. Einige coole Gitarreneinlagen bekommt man zu hören. Der gute Groove bleibt jedoch immer gewahrt! Man hört der Band die Einflüsse aus der Klassik und von ebenfalls klassisch geprägten Metalheroen (Malmsteen, Silver Mountain, etc) an. Aber keine Sorge, das Gitarrenspiel bleibt songdienlich und verkommt nicht zum selbstverliebten Gefrickele. Der als nächstes kommende Titelsong hat ein düster - bombastisches Intro, entwickelt sich dann aber zum hymnischen Powerrocker, dessen Melodie sehr tiefgreifende Wirkung aufs Gemüt des Hörers hat! Hab ich eigentlich schon erwähnt, daß Avalanch seit dem letzten Album einen schönen, rauhen Sänger im Gepäck haben, der den richtigen Rotz in der Stimme besitzt, um die doch pompösen Stücke auf dem Boden zu halten. Ein wenig schneller und Powermetallischer wird es bei "El Angel Caido" im coolen Refrain. Diese Band kann mit den ganz Großen pissen gehen! "Xana" zeigt schon mal, das Avalanch auch Krallen besitzen, da einige sehr brutale Riffs auftauchen und eine oder zwei Sekunden verweilen, bevor eine halb verzweifelt klingende Melodie den Hörer tief in seinem Herzen packt. So einen leidenschaftlich schmachtenden Shouter hab ich nur selten zu Gehör bekommen. Im Melodicmetal sind sie eher die Ausnahme. "Xana" ist weitgehend straight nach vorne treibender Metal mit tollen Melodien und unaufdringlicher Keyboardbegleitung, ohne die der Song aber auch nur einen Teil seiner Ausstrahlung besäße. Metal mit Keyboards funktioniert wunderbar, Ihr Ignoranten (an alle intoleranten True Metaller gerichtet!)! "Labuena Nueva" ist ein hübsches Interludium, kurz und wunderschön! Es leitet "Levantate y Anda" ein, einen Banger mit Iced Earth - Schreddergitarren und dunklen Keyboards. Im weiteren Verlauf kommen getragen - balladeske Passagen und mächtige Bombastparts ans Tageslicht, die alle in das positive Gesamtbild dieses Stückes einfließen. Schon hier erkennt man, daß Avalanch fernab des typischen Eurosymphometals liegen und doch auch von Liebhabern derartiger Klänge verehrt werden könnten. Mir kommen Bands aus den 80ern, vorallem aus Osteuropa in den Sinn. Aria, Monomakh und Black Coffee aus Rußland, Lord aus Ungarn, aber auch die Pretty Maids und Malmsteen in ihren besten Momenten. Avalanch wissen ob der Notwendigkeit von dramatischen Riffmelodien, um die Songs nicht zu oberflächlich in seichte Fröhlichkeit abdriften zu lassen. Ihre Stücke haben einen hohen Wiedererkennungswert, sind heavy und doch mitreißend eingängig, mit hohem kommerziellen Potential! "Alma en Pena" ballert wiederum knallharte Riffs als Songeinleitung durch die Speaker, geht dann in einen pompösen, ruhigen Part mit kurzen Ausbrüchen über der wiederum in die anfänglich vorexerzierte Metalhärte zurückkehrt. Der Refrain wird dann zum Teil von mehrstimmigen Chören begleitet. Warum soll man oberflächlich arrangierten Symphospeed gut finden, wenn man es auch tiefsinniger, durchdachter und eigenständiger haben kann? Avalanch liefern das richtige Futter für Liebhaber von melodischem Metal, der nicht zu kommerziell ist! Das war nun die erste Hälfte der CD (hätte das gute Stück lieber als LP in gigantischem Klappcover. So gut ist dieses Album!). Für die zweite, auf die ich nicht mehr so intensiv eingehen möchte, da ich vor Verzückung mich extatisch verrenkend auf dem Boden wälze. "Corazon Negro" ist Power mit Melodie und in höheren Geschwindigkeitsbereichen! Der Refrain ist wunderschön, irgendwie anrührend von der Melodieführung her. A - B - A - R - T - I - G. Es muß ja nicht immer das totale Brett sein, oder? "Delirios De Grandeza" kann man als etwas gemäßigter betrachten. Heavymetal mit Hardrock gemischt. Nicht wirklich herausragend, aber bei 11 Stücken (wenn man die vier Intros, Outros und Interludien abzieht) durchaus vertretbar, da bei weitem kein Ausfall! "Anojo de un Dios" ist eine Traumballade, deren Stimmung und Atmosphäre zwischen düsterem Regenwetternachmittag und überschwenglicher Verliebtheit schwanken. Unpeinlich und nicht schmalzig wird hier die Kraft aus der Ruhe geschöpft. Man steigert sich zum hinteren Teil des Songs in Punkto Dramatik, läßt es aber auch schnell wieder abklingen, sodaß einer emotionalen Achterbahnfahrt nichts im Wege steht. Dieser Song rult! Ein Keyboardinterludium später kommt "Las Ruinas del Eden", ein cooler Dreiteiler. Pompöse Melodien, knallharte Riffs, treibende Beats und wilde Soli machen den Anfang von Act I aus, bevor das Stück in einen etwas gemäßigteren Part mit Gesang übergeht! Eine Steigerung folgt auf dem Fuße! Dieser Kurs wird auch bei Act II und III beibehalten, das Pendeln zwischen eingängigerem Hardrock, bombastischen Muskelspielen und knallharten, ab und an verspielten Riffs. Cool! "Santa Barbara" leitet dann den mir persönlich nicht leichtfallenden Abschied mit einer schwermütigen Gitarrenmelodie ein. Nocheinmaul wird die Spannkraft der Gänsehaut aufs äußerste gefordert, bevor das letzte Solo in die Stille hinein ausklingt. Ich bin begeistert!
(c)2001, Sascha Maurer