Abolisher:
Lament the Season
Welch sonderbares Stück Musik, das sich hier in mein Leben geschlichen hat und mich nun ohn Unterlaß heimzusuchen gedenkt. Dem Namen der Band nach sollte man auf Deathmetal schließen, das graue Cover addiert hierzu einen gothischen Ausdruck und dann das zweieinhalbminütige Intro vom Keyboard, pompös, melancholisch, dunkel. Wenn man nun Anathema oder My Dying Bride nicht mehr aus seinen Gedanken bekommt, dürfte einen der Flamencoauftakt des über zehnminütigen „The Solemn Paradise“ geradezu aus den Socken hauen, gleich drauf schließt sich ein treibend schweres Riff an, das an die besten der magisch – mystischen, der kauzig – epischen US Truppen erinnert. Die so gar nicht nach diesem von uns so geliebten Stil aussehende und heißende Band hat uns hier ein kleines Album geschenkt, welches man als Liebhaber von Truppen wie Manilla Road, Cirith Ungol, The Lord Weird Slough Feg und Lazarus Sin einfach lieben muß. Zumeist zwischen zermalmendem Hardrock und ein knackigem Heavy Metal liegende Instrumentierung, ein Gesang, der eben diesen einzigartigen Ausdruck mit sich führt, in mittleren bis etwas tieferen Regionen sein Unwesen treibend, mit ergreifender Emotionalität unsere Seelen in Brand setzend. Die Melodien brauchen sicher ihre Zeit, um sich vollends in den Gemütern der Zuhörerschaft festzufressen, doch wie das eben so ist, haben sie sich erst einmal entfaltet, wird man sich niemals mehr von ihnen befreien können. In der Mitte des ersten Songs gibt es noch einen sphärischen Schweberpart mit traumhaften Keyboards. Progressiv sind Abolisher schon, aber nicht wirklich frickelig, es ist eher die Art, ihre Klanggemälde zu gestalten. Natürlich haben wir es hier schon mit instrumentalen Spitzenkönnern zu tun, man nehme nur den Song, „Standing in a different Light“ mit seiner höchst entflammbaren Gitarrenarbeit, vor allem im Leadbereich. Auch der Basser überzeugt wieder und wieder durch kleine aber feine Spielereien, die vielleicht gar nicht so auffallen mögen und dennoch dafür sorgen, dass man immer wieder etwas zu entdecken hat. Die Vocals bei diesem Song sind zuweilen etwas strange, könnten dem einen oder anderen zu growlig wirken, partiell, nicht über die gesamte Spielzeit. Schon landet man bei „A stolen Season“, viele verzaubernde balladeske Passagen bilden den Anfang, man steigert sich langsam, die Power wird wieder und wieder geschickt variiert und so ein wahnsinnig intensives Spannungsfeld geschaffen, in dem der Hörer wie ein Spielball hilflos hin und her gerissen wird. Die kranken Gitarrenläufe fräsen sich durch den Brägen und schalten nach und nach den eigenen Willen aus. Dieses Stück ist sicherlich das progressivste und detailreichste auf dem Album. Klassische Bangerpassagen, wilde Breaks, eingängig – eindringliche Melodien, eine durchgehend blitzende Melodiebögen abfeuernde Leadgitarre, ein Shouter am Rande des Irrsinns. Die Keyboards werden in diese komplexe Klangkonstruktion eingebettet, wenn nötig der Dramatik zu etwas mehr Schwung zu verhelfen. Solche Bands muss man sicherlich mit der Lupe suchen, da wirkliche Kreativität auch schon mal das Sprengen von Grenzen verlangt, womit sich der Metalbereich zuweilen doch schwer tut. Abolisher beweisen, welche Möglichkeiten eine Band hat, einen frischen Sound zu schmieden ohne ihre Wurzeln zu verraten oder schwuchtelig zu klingen.
Kontakt: abolisher55@hotmail.com
c)2002, Sascha Maurer