Sacred Metal Page > Sacred Reviews > Power / US / "True" Metal > Communic: Conspiracy In Mind

Communic: Conspiracy In Mind

Welchen Anforderungen müsste ein Metal-Album genügen, um von mir als "verdammt nahe an der Perfektion" eingestuft zu werden?

1) Es sollte "Awaken the Guardian" heißen... (okay, kleiner Scherz...)

2) Das Werk sollte eine Unzahl von unsterblichen, kitsch- und klischeefreie Melodien besitzen, die bereits beim ersten Mal begeistern, die aber so tief greifend, emotional berührend und groß sind, dass man sie nie mehr los werden möchte. Süchtig machende Melodien formen also die ganz großen Klassiker.

3) Die erhabensten Melodien sind aber brotlose Kunst ohne Punkt Drei dieser fiktiven Liste: Besagtes "perfektes" Album sollte von einem Sänger eingesungen worden sein, der diese Bezeichnung zu Recht trägt. Gegrunze, Gestöhne, Gekreische und verzerrtes Gebrülle mögen ja manchmal ganz schön sein und zu bestimmten Stilen passen - klassischer Metal, um kaum mehr verbesserungsfähig zu tönen, sollte  immer von Sängern eingesungen werden, die mit Punkt 2) (den großen Melodien, ihr erinnert euch) keinerlei Probleme haben - Conklin, Arch, DeFeis, Dickinson und Adams, um mal ein paar Beispiele zu nennen.

4) Gitarrenpower! Noch einmal: G I T A R R E N P O W E R ! ! Heavy Metal basiert immer noch auf knallhart nach vorne preschenden Gitarrenläufen, abwechslungsreichen Riffs, die in Beine und Bauch gehen sowie jeder Menge DRUCK, der eben durch die Sechssaitige ausgeübt wird. Heavy Metal ohne Gitarrenpower ist kein Heavy Metal.

5) Die Produktion kann vieles versauen - die Produktion DES Metal-Albums sollte also mit der Gitarrenfraktion einhergehen und in der Lage sein, den Druck auch in die Wohnstuben der Metaller zu transportieren. Ein matschiger Mix hat schon so manch großartige Songs eine Stufe schlechter klingen lassen.

6) Die Songs müssen wirkliche SONGS sein - Aneinandergeklatsche Fragmente, zusammen geklaute , klebrige Melodien und zigmal gehörte Einheitsriffs braucht kein Mensch mehr. Songs, die abwechslungsreich arrangiert sind, unter die Haut gehen und süchtig machen, hingegen umso mehr...

7) Progressive Elemente sind für den Verfasser dieser Zeilen nicht Mittel zum Zweck, sondern sollten optimalerweise wie selbstverständlich in die Songs eingewoben werden. Ausnahmen wie Power of Omens oder WatchTower, bei denen es einfach nur Spaß macht, den Musikern bei ihrem Können beizuwohnen, bestätigen die Regel - "A Social Grace" oder "Awaken the Guardian" sind zwei Beispiele für brillant- progressive, aber jederzeit songdienliche Alben. "Progressiv" meint in diesem subjektiven Fall ein jederzeit spürbares, über allem schwebendes Können, das jedoch niemals eigensinnig zur Schau gestellt wird, sondern sich immer den Songs unterordnet. Natürlich kann und darf auch der von mir so geschätzte US Metal progressive Elemente enthalten - heraus kommen dann Alben, auf denen Namen wie "Helstar" prangen.

8) Auf den ersten Blick nicht ganz so wichtig, aber das Artwork sollte ebenfalls stimmig sein. Travis Smith heißt der wohl derzeit fähigste Mann für den Job. Ich ziehe jederzeit lieber ein unbekanntes Album mit Smith-Cover aus dem Regal als eine mit einem peinlichen Bandmotiv bedruckte CD. Das ist oberflächlich? Mag sein - ist aber meine subjektive Wahrnehmung.

9) Die Atmosphäre: wenn mich ebenjene einmal gepackt hat, können auch vermeintlich kleinere Schwachpunkte leichter verschmerzt werden. Eine melancholisch-traurige Grundstimmung hat nichts mit Weinerei oder Todessehnsucht zu tun - sie ist das Gewürz,  das ein hervorragendes Album unsterblich macht. Wiederum sei hier als Beispiel Fates Warning genannt... Andersrum: sollte mich die Stimmung eines Album völlig kalt lassen, können auch noch so schöne Melodien oder ein noch so fähiges Gitarrenduo nicht zu Begeisterungsstürmen hinreißen lassen.

10) Wenn der unwahrscheinliche Fall eintritt, dass all diese Punkte zusammen treffen (okay, Punkt 1 klammern wir hier einfach mal aus...), könnte ich es durchaus vertreten, ein Album als "nicht mehr verbesserungswürdig" zu bezeichnen. Das ist allerdings in meiner "Karriere" als Metalhörer noch nicht so oft vorgekommen - ein Dutzend Alben tragen dieses Attribut vielleicht (nachzulesen an anderer Stelle...)

Was das nun alles mit dem Debüt der Norweger Communic zu tun hat? Nun, ihr könnt es euch vielleicht denken:

"Conspiracy In Mind" ist schlichtweg UNGLAUBLICH!!! Kaufen und vor Erfurcht erstarren...

P.S.: Ihr vermisst die Objektivität? Es fehlt die stilistische Beschreibung? Sorry - aber dann lest doch ein anderes Review... ;=)

(c)2005, Michael Kohsiek