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Shadow Gallery: Room V

 „Fünftes Album – fünfte Höchstwertung“ würde als Kurzrezension von Shadow Gallerys neuestem musikalischen Streich eigentlich ausreichen. Aber die vierzehn neuen Kompositionen (die sich auf eine Gesamtlänge von satten 75 Minuten summieren) haben es selbstverständlich verdient, etwas ausführlicher gewürdigt zu werden. Musikalisch blieb man eindeutig der Bandlinie treu, was bedeutet, dass dem Quintett das Schreiben von den ganz großen Melodien noch immer am allerwichtigsten sind. Dabei ist zu unterstreichen, dass die Mannen um Gitarrist Gary Wehrkamp erneut nicht auf oberflächliche Eingängigkeit setzen. Wie sonst ist zu erklären, dass nicht-von-dieser-Welt-Hooklines wie selbige im Titelsong „Room V“ oder im banduntypischen, da recht wütend herausgesungenen „The Archer Of Ben Salem“ nur zwei- bis dreimal wiederholt werden? Andere Bands aus dem Prog-Genre (das Shadow Gallery mittlerweile an der Spitze sieht) wären froh, wenn sie bei all ihren vorhandenen technischen Fähigkeiten solche Widerhakenmelodien schreiben könnten.

Der Quasi-Opener „Comfort Me“ (nach einem kurzen Instrumental, welches  Melodien aus dem gigantischen Vor-Vorgänger „Tyranny“ wieder aufgreift) ist ebenfalls Zeichen der Sonderstellung, den die Band mittlerweile innehat: Unterstützt durch behutsame Pianoklänge zaubern Sänger Mike Baker und Gaststimme Laura Jaeger, die ebenfalls schon auf "Tyranny" zu hören war, schon nach wenigen Sekunden eine Atmosphäre aus den Boxen, die seinesgleichen sucht. Das nachfolgende, recht flotte „The Andromeda Strain“, die langen, überwiegend ruhigen „Torn“ „Encrypted“ und „Vow“ sowie der bereits erwähnte, absolut mitreißende Titelsong haben mit ihren glanzvollen Gesangsharmonien, die auch in den Strophenmelodien Gänsehautfeeling erzeugen,  scheinbar so gar nichts mit den zahlreichen, oft als „kalt“ oder „technikverliebt“ verschrieenen Dream Theaters dieser Welt zu tun. Im Vorfeld habe ich die Kritik vernommen, dass die im Mittelteil überwiegenden, recht kurzen Instrumentalstücke ein Schwachpunkt des Albums darstellen. Das kann ich nicht ganz nachvollziehen, passen diese doch in den Fluss des Gesamtwerkes und stören zumindest mich in keinster Weise - abgesehen davon sind speziell "Birth Of A Daughter" und "Death Of A Mother" fantastisch geworden.

"Room V" ist im Vergleich zu den Albenvorgängern mit Sicherheit ruhiger und getragener. Doch Shadow Gallery waren schon immer die etwas andere Band, die gemacht hat, was sie wollte – ihre Musik ist „fließender“, bedächtiger, melodiöser, ruhiger, berührender und schlichtweg besser als die der Genrekonkurrenz. „Room V“ ist demnach wie seine vier Vorgänger ein Album, das (dieses Mal hoffentlich dank größerem Label noch mehr) Musikfreunde viele Jahre begleiten wird.

 (c)2005, Michael Kohsiek