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Ten: Babylon

"Retinal Identification Complete. 327 You May Proceed." - Cryotech Security System
"I'm not a number. I'm a FREE MAN!!!" - Ich, leicht genervt vom Weiterzappen lahmer Intros

Jau, um das gleich mal aus dem Weg zu räumen - die neue Ten ist ein Konzeptalbum. Wer Gary Hughes auf den Trichter gebracht hat, wird mir wohl ewig ein Rätsel bleiben, die von ihm vefaßte SF-Hintergrundstory reißt jedenfalls keine literarischen Bäume aus - im wesentlichen klatscht der gute Gary Versatzstücke aus Blade Runner sowie diversen Star Trek-Folgen ziemlich uninspiriert aneinander. Das Ticket zur nächsten Hugo-Verleihung kann er sich wohl sparen, und auch mit Konzept-Großtaten wie "The Crimson Idol", "Streets" oder "Tyranny" kann man sich nicht mal ansatzweise messen. Schade - denn die mannigfaltig vorhanden In- und Outros bringen den Fluß der Platte doch erheblich durcheinander (Im Gegensatz dazu trifft Luis Royos Cover-Artwork im Stil eines Film-Plakats die Stimmung wesentlich gelungener...).

Zum Glück gibt's bei den Songs dafür kaum was zu meckern. Hughes ist seit ein paar Jahren der unbestrittene Meister des gediegenen AOR-Songwritings und nebenbei ein begnadeter Stimmkünstler, der auch dem durchschnittlichsten Song noch 'ne Extraportion Klasse verleiht - und daß auch auf "Babylon" durchschnittliches Terrain erst gar nicht gestreift wird, sollte jedem Fan der Band dann klar sein, als die bombastische Über-Hymne "The Stranger" das Album eröffnet. Ohrwurm-Chorus, die vom letzten Werk "Spellbound" bekannte Gitarrenpower, dazu die wesentlich auffälligere Keyboard-Arbeit von Neuzugang Don Airey (ex-Rainbow/MSG/hundert andere) - was will man mehr?

Im Vergleich zum göttlichen Vorgänger fällt mir jedoch des öfteren ("Give In This Time", "The Heat", "Timeless") eine deutliche Back-to-the-roots-Tendenz der Band auf - weniger Hard Rock, mehr AOR sozusagen. Das ist zwar nicht unbedingt die Richtung, die ich persönlich mir von Ten erhofft hatte (schließlich halte ich die "Spellbound" mit ihren unglaublichen, an frühe Gary Moore-Alben erinnernden Gitarren-Attacken für das stärkste Hard Rock-Album der letzten Jahre), angesichts der Qualität der meisten dieser Songs fällt es mir allerdings sehr schwer, Gary & Co. deswegen böse zu sein. Kann man besagte Hammertracks doch zumeist nach dem ersten Durchgang nicht mehr aus den Gehörgängen verbannen - lediglich das etwas eintönige "The Heat" kann den hohen Standard nicht ganz halten. Der Rest überzeut dafür voll und ganz, auch wenn Vinny (nicht Monty!) Burns sich an der Gitarre diesmal etwas zurückhalten muß - schließlich verleiht Dons Keyboardspiel dem Ganzen einiges an zusätzlicher Tiefe, ohne dabei den Ten-Sound zu verwässern. Gerade der erwähnte Opener, aber auch das mächtige "Thunder In Heaven" profitiert von seinen Sounds; in dem mega-eingängigen "Timeless" hat man ihm gar einen Solo-Spot gegönnt.

Eine klasse, typische Ten-Bombast-Ballade gibt's mit "Silent Rain" auch wieder - wenn sie auch arg nach dem letzten Bob Catley-Soloalbum tönt (ebenfalls von Hughes verfaßt). Wer das gute Stück sein eigen nennt, weiß aber, daß dies ganz und gar kein Handicap sein muß - im Gegenteil.

Fazit? OK, mit den ganz großen Klassikern der Band (für mich "The Name Of The Rose" und "Spellbound") kann sich "Babylon" wohl nicht wirklich messen. Diese Qualität erreicht wohl auch Mr. Hughes nur alle Jubeljahre mal (Leute, die das selbstbetitelte Debüt für stärker befinden als ich, dürfen meine eh schon bescheidenen Einwürfe allerdings ganz vergessen.). Das ändert aber nichts daran, daß auch das neue Ten-Album einen Pflichtkauf für alle Fans exzellent gemachter, melodischer Rockmusik darstellt, zumal es wie erwähnt nur einen einzigen Ausfall zu verzeichnen gibt. Bei mir jedenfalls fliegt im Moment kaum noch 'ne andere CD in den Player...

(c)2000, Ernst Zeisberger