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Kurgan's Bane: The Future Lies Broken

Auf dem amerikanisch-schwedischen “Classic Rock”-Label Record Heaven Music erschien vor kurzem ein sehr interessantes Scheibchen von Kurgan’s Bane aus Baltimore, die in 1997 (noch mit anderem Sänger) eine mir nicht geläufige Demo-CD “Search from sea to sea” veröffentlichten. Die drei Herren Luis Nasser (Bass, Keys), Jeff Laramee (Drums, Percussion, Vocals), Pete Laramee (E-Gitarre, Akustikgitarre, Vocals) und Dame Lisa Francis (Lead Vocals) kreieren auf “The future lies broken” eine nicht alltägliche Mischung aus Melodic (Hard)Rock und Progressive Rock, stilistisch angesiedelt irgendwo zwischen Sahara, Rush, frühen Enchant und Mara. Sängerin Lisa Francis könnte gut als eine sanftere Version von Liz Vandall (mit einer Prise Lana Lane zur “Love is an illusion”-Debütphase) durchgehen, verfügt über eine warme, außergewöhnlich klare Stimme und ein gutes Gespür für Melodien. Sie verleiht den oft etwas längeren Songs buchstäblich eine eigene Note, in dem sich ihr Gesangsstil erfrischend unterscheidet von dem was wir heutzutage als “maßgebend” im femininen Vokalbereich vorgesetzt bekommen. Das heißt, diese Dame SINGT tatsächlich, läßt sich weder in die Kitsch-Schublade (Leann Rimes, Mademoiselle Carey) packen, noch in die Schublade der piepsenden, nervenden Anti-Vokalistinnen, Marke Björk, Morisette et al.

Über die ganze Spieldauer der warscheinlich mit geringem Budget produzierten Scheibe erinnern mich Kurgan’s Bane an Rush (Ära der frühen Achtziger) und an die geniale Underground-Truppe Mara; die Transparenz der Kompositionen, die dezenten Keys, die abenteuerlichen aber nie überstrapaziert wirkenden Percussion-Teile tragen alle einzeln bei zu einer spannenden Musik die zwar progressiv, sagen wir: durchdacht wirkt, sich dennoch rockig anhört. Die melodischen Songstrukturen und Lisas Stimme stehen immer im Vordergrund – man muß sich nicht jede Sekunde “traumtheatralisch” frickelnd als Konservatoriumabsolventen beweisen. Daß das Quartett manches Arrangement noch hätte überarbeiten können (der schöne Anfang von “Bad blood” z.B. verläuft mangels eines schlüssigen Arrangements im Sande), diese oder jene Passage hätte kürzen können, ist nur als konstruktive Kritik meinerseits zu bewerten. Wenn man im Digi-Zeitalter als Musikfan – Woche für Woche mit steril produzierten, farblosen Machwerken hoffnungslos überfordert – im Underground eine solch sympathische Truppe wie Kurgan’s Bane entdeckt, ist man erstmal froh, sie überhaupt entdeckt zu haben. Man höre sich nur die “offenen” Melodien an in Songs wie “Just look at me now”und “Warm winter nights” (hätte auch auf Sahara’s “The seventh house” eine feine Melodic-Figur abgegeben), oder der schon erwähnte, sensible Auftakt in “Bad blood” und man ist sofort gefangen in diesen leicht altmodischen, ehrlichen Melodic Rock-Klängen. Auch Pete’s, à la Jason Aronoff (Mara-Gitarrist und –Hauptsongwriter) ausschweifendes, gefühlvolles Solo am Ende von “The curtain and the rose” ist nicht zu überhören. Drummer Jeff zählt Mark “Thunderchild” Zonder (Warlord/Fates Warning) zu seinen Einflüssen und das hört man in seinem atypischen, facettenreiches Spiel ebensogut wie der Zauberhand von Rush’ Neil Peart. Irgendwie kommt mir auch der Name von Ty Tammeus, dem versierten Originaltrommler von Leviathan (R.I.P.) aus Colorado, in den Sinn wenn ich mir speziell die Drumparts auf “The future lies broken” anhöre.

Herzstück dieser zweiten KB-CD bildet das aus drei Teilen bestehende “Vermin” (steht nur im Booklet korrekt so angegeben), wobei die von Basser/Keyboarder Luis intelligent verfaßten Texte sich erfreulich unterscheiden vom üblichen Kram. Zum abschließenden “Regina”, einem traurigen kleinen Opus, schrieb Drummer Jeff  den Text, und Lisa erzählt vom Schicksal eines Mädchens das an einer Überdosis Heroin stirbt; alleine und von der Welt vergessen, nimmt Regina noch einmal die Spritze und begibt sich auf ihrer letzten Reise. Kurgan’s Bane berühren den geneigten Hörer mit dieser, als Chronik eines angekündigten Todes inszenierte Nummer, in der es Lisa hervorragend schafft, die an diesem Thema inherenten, tiefen Emotionen zu transportieren:
 
“The captain spoke of perfect weather
Regina disagreed
She whispered like a broken feather”
 
Ja, für manche Leute in unserer absurden Konsum- und Leistungsgesellschaft liegt die Zukunft nur noch zerbrochen da, und nichts in der Welt kann ihnen noch helfen.
Wenn es die vier Musiker schaffen, ihre nächste Kollektion von Geschichten (an der mittlerweile fleißig gearbeitet wird) so lyrisch intensiv und musikalisch mitreißend zu gestalten wie sie es in “Regina” getan haben, dann steht uns etwas Besonderes bevor. Die Drums und Gitarren müssten dazu noch ein wenig soundtechnisch aufgepeppt werden und der Mix könnte homogener sein ohne daß dabei gleich die besondere Klangfarbe der Musik auf der Strecke bleiben muß - das wäre der Feinschliff für ein zweites Kurgan’s Bane-Kapitel. Natürlich ist “The future lies broken” nichts für Metaller mit selbstauferlegtem True-heitsgebot, aber die haben ohnehin nicht bis hier gelesen, oder?

Info: www.kurgansbane.com

(c)2001, Oliver Kerkdijk