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Bob Catley: Middle Earth

Auf nach Mittelerde! Ex-Magnum-Sangesgott Bob Catley ist sicher nicht der erste, der die Reise in J.R.R. Tolkiens legendäre Welt der Elben, Zwerge und Zauberer antritt, aber ohne Zweifel einer der Besten. Das programmatisch "Middle Earth" betitelte Konzeptalbum ist bereits das drittes Werk als Solokünstler, das Bob seit der Trennung von dem Magnum-Nachfolger Hard Rain und seinem langjährigen Songwriter und Gitarristen Tony Clarkin in Angriff genommen hat. Clarkins frühere Rolle übernimmt weiterhin Gary Hughes, seines Zeichens sowohl Sänger, Songwriter und Produzent der derzeitigen britischen AOR-Könige Ten als auch Die-hard-Fan der frühen, epischen Wunderwerke der Magnum-History.

Kein Wunder also, daß Bob mit derart kompetenter Unterstützung einen astreinen Hattrick vorlegen kann und nahtlos ebenso an die eh schon fantastischen Vorgängerwerke "The Tower" und "Legends" anknüpft wie an legendäre Magnum-Alben wie "On A Storyteller's Night" oder "Wings Of Heaven". Und "Middle Earth" übertrifft seine direkten Vorgänger für meine Begriffe noch um einige Klassen.

Gerade das Tolkien-Konzept, das Bob und Gary einst bereits auf dem Solodebüt mit dem Übersong "Fear Of The Dark" (natürlich KEIN Maiden-Cover...) andeuteten, stellt sich als absoluter Glücksgriff heraus. Im Vergleich zum wesentlich geradliniger rockenden, härteren "Legends"-Album zuletzt hat man passend zum textlichen Konzept nämlich wieder verstärkt die vom Debüt bekannten, Folk-lastigen Melodien eingebaut, die den Spirit der gigantischen Fantasy-Trilogie derart authentisch wiedergeben, wie es höchstens noch die stilistisch völlig anders operierenden Black Metaller von Summoning geschafft haben. Songs wie das fantastische "Against The Wind", in dem Bob ein mitreißendes Duett mit der in britischen Prog-Kreisen höchst beliebten Tracy Hitchings (bekannt u.a. von Pendragon) darbietet, oder das wunderbar atmosphärische "The Fellowship", das das Album auf einer ähnlichen Note beschließt wie weiland die pure Folk-Nummer "Johnny Boy" den Gary Moore-Meilenstein "Wild Frontier", sorgen für willkommene Abwechslung zwischen den eher erwarteten Bombast-Rock-Lehrstücken, die, wie üblich für Catley-Alben, irgendwo zwischen Magnum und Ten liegen.

Und für Freunde ebendieser gibt's natürlich auch diesmal wieder die Vollbedienung. "City Walls" und "Return Of The Mountain King" (nein, Jon Oliva singt hier nicht...) sind fanfarenhafte Rocker in bester Tradition, das achtminütige Epos "Where You Lead I'll Follow / Stormcrow And Pilgrim" wäre der "Wings Of Heaven"-Scheibe würdig gewesen, und auch das fröhlich-positive "This Gallant Band Of Manic Strangers" ist noch näher am besten Magnum-Stoff als bisher. Der Refrain ist mir allerdings zu deutlich dem ewigen Hit "On A Storyteller's Night" entliehen. Aber was soll's...wenn das einer darf, dann wohl Bob. Oder?

"The End Of Summer (Galadriel's Theme)" schließlich ist eine dieser überragenden Hughes-Balladen - auf diesem Terrain sind sich Gary's Hauptband und das Catley-Soloprojekt näher als irgendwo sonst. Solange dabei allerdings diese Qualität erreicht wird, bin ich weit davon entfernt, mich zu beschweren. Und so wird man auch diesmal nach 'ner guten Stunde wieder regelrecht ernüchtert, wenn einen die Stille aus dem Lande Mittelerde wieder in die graue Realität katapultiert - "till we return someday". Bis dahin steht "Middle Earth" schon mal ganz oben auf meiner Empfehlungsliste... (Lustige Anmerkung am Rande - die Promo-CD hat den wohl geilsten Fehldruck seit langer Zeit. Da steht doch tatsächlich "Bob Catley - Middle The Art" - oder war das gar Absicht? -Michael)

(c)2001, Ernst Zeisberger