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Reverend Bizarre: III - So Long Suckers

Weinen oder lachen? Weinen, weil „III: So long suckers“ den letzten Nagel im Sargdeckel einer der großartigsten Doom Metal Bands aller Zeiten darstellt? Oder lachen, weil REVEREND BIZARRE sich mit ihrer Abschiedsvorstellung nicht nur einen bloßen Grabstein errichten, sondern ein überwältigendes Monument reinsten Dooms?

Der Reihe nach: Auf zwei CDs mit einer Spielzeit von genau 130 Minuten predigen REVEREND BIZARRE ein letztes Mal ihre Vision puren Doom Metals. Minimalistisch, hypnotisch und schwerer als Blei. Alle Merkmale, die den Sound der Finnen in ihrer 12jährigen Karriere geprägt haben, sind vertreten. Die mächtig nach vorne treibenden Vitus-Riffs, die flockigen Sabbath-Shuffles, die vernichtenden, monoton wiederholten Einzeltongrooves, die psychedelischen Bass-/Akustikspielereien, Voids unbarmherziges Schlagzeug und, darüber thronend, Albert Witchfinders pathetischer Gesang, der mit einer Mischung aus Zynismus, Spott und purer Verzweiflung, die Trauer der Hinterbliebenen kommentiert. Gleichzeitig fallen einige neue Nuancen im Gesamtsound auf. Vor allem der Bass erscheint weiter in den Vordergrund gerückt. Öfter als auf allen Vorgängerplatten übernimmt er Leads und setzt nicht selten zum improvisierten Jam mit Voids unglaublich fett und natürlich produzierten Drums an. Überhaupt ist der Mix der Platte derart glasklar und heavy, dass stellenweise kaum Luft zum Atmen bleibt. Perfekter und schlüssiger kann diese Art von Musik nicht inszeniert werden.
Deutlich wird die Macht der Produktion sofort, als nach einem verstörenden Bassintro, der halbstündige Opener „They used dark forces / Teutonic Witch“ den Hörer aus dem Stand mit einem feisten Sabbath-Shuffle platt macht. Als in der zweiten Hälfte des Songs erstmals derb die Bremse gezogen wird und die Band mit einem epischen Breitwandriff und Witchfinders dramatischem Bariton ins Ziel marschiert, ist bereits zu erahnen, was da noch kommen mag: „Sorrow“ ist nichts anderes als 25 Minuten schwärzeste Verzweiflung. Erdrückend und unfassbar schwer. Ein minimalistisches, zweistimmiges Gitarrensolo (das einzige der Platte) sorgt für Gänsehaut. Kurz bevor der Hörer zum Strick greift, haben die Finnen ein Einsehen und beenden die erste CD mit dem bereits von der Abschiedstournee bekannten „Funeral Summer“. Während Witchfinder den Tod seines Vaters aufarbeitet, bauen Peter Vicar und der Earl of Void ein Fundament aus groovenden TROUBLE-artigen Midtemporiffs, wie sie klassischer und packender nicht sein könnten.
Die zweite CD beginnt entspannter. „One last time“ startet bluesig mit gezupftem Bass bevor erneut eines dieser unfassbar schweren, endlos wiederholten Riffs die Kontrolle übernimmt und nichts als verbrannte Erde hinterlässt. Darüber bringt Albert vielleicht die beste Gesangsleistung seiner Karriere, 70s Rock galore, nur eben schwer wie ein Panzer. Nach dem coolen aber zu langen Instrumental-Jam „Kundalini Arisen“ folgt mit „Caesar forever“ der Höhepunkt der Platte. Das einzige Stück aus der Feder von Peter Vicar ist ein Epic Doom-Gottsong, wie man ihn nur jeden Totensonntag zu hören bekommt. Was für ein Pathos, was für ein Drama – und das alles mit drei Akkorden. Zelebrierter Minimalismus par excellence. Mit „Anywhere out of this world“, einem weiteren Halbstünder, erfolgt der finale Abschied. Noch einmal werden alle Register gezogen: monoton-psychedelische Bassspielereien, klassische Doom Rock-Grooves und ein Strophenteil, der zum Heaviesten, was ich in knapp 20 Jahren Metal gehört habe, zählt. Dabei wirkt das Stück trotz seiner Länge - wie auch der Rest der Platte – nie verworren oder überambitioniert, sondern natürlich, wie aus einem Guss. Als der letzte ruhige Akustikpart des Stücks verklingt, glaubt man nicht, dass über zwei Stunden vergangen sind.

„III: So long suckers“ ist ein Meisterwerk. REVEREND BIZARRE verabschieden sich mit einem Meilenstein, der das Beste aus 30 Jahren Doom auf Schwindel erregend hohem Niveau bündelt, und trotzdem völlig eigenständig und stilsicher Maßstäbe vorgibt, an denen Nachwuchsbands noch in 50 Jahren verzweifeln werden. Eine der besten Doom Metal-Platten aller Zeiten.
 

(c)2007, Manuel Trummer