Lair of the Minotaur : Carnage
Bei "neuen Sternen am Metalhorizont" bin ich ja sehr vorsichtig geworden,
gerade, was den extremen und extremsten Bereich so angeht. Viel wildes Riffing
ohne erkennbaren Zusammenhang, fürchterliche Vocals ohne Charakter und ein
Mangel an eindringlichen Strukturen lässt die meisten Bands links ins Ohr rein
und rechts aus dem nächsten Ohr wieder hinausfahren, mit dem einzigen Effekt,
daß ich beim Anhören fürchterlich genervt bin und die Musik am liebsten
ausschalten würde. Nun, Lair of the Minotaur lassen es schon von Anfang an
gemächlicher angehen, haben sich dem Slow Death verschrieben, der mit
zermalmenden Riffs, pulverisierenden Walzenrhythmen und emotionsgeladenen
Vocals ohne großartigen Grunzfaktor den Hörer zu packen weiß. Schon das
Comiccover ist höllenfies, wo ein Stiermensch, der Minotaurus aus der
griechischen Mythologie, in schwerer Rüstung mit Stachelarmbändern gerade per
Axthieb einen Krieger zerschrotet, der ihm wohl ans Leder wollte. Es ist alles
nur eine Zeichnung im besten Erwachsenencomicstil und damit verdammt kultig,
ja fast schon EPISCH. Die Musik hingegen ist ruppig, meist einfach
strukturiert und brachial. Die Riffs durchdringen Deinen Körper, perforieren
Deine Seele. Sie sind heavy bis an die Grenze, sie sind einprägsam und
mitreissend. Und so entstehen bösartige kleine Songs, die irgendwo zwischen
Thrash, Doom, schleppenden Grindpassagen und dem so immens wuchtigen 80er
Deathmetal liegen, vielleicht hier und da mit einem Touch Hardcore, was aber
eher selten ist. Viele Gitarrenlinien hätten auch von Black Sabbath stammen
können, haben einen hardrockigen Ausdruck und sind dennoch wie geschaffen für
diesen deathig - doomigen Metal. Man kann also auch heute noch ultrahart und
dennoch songdienlich zuwerke gehen und Musik schaffen, die prädestiniert ist,
die Zeiten zu überdauern. Schlecht spielen tun Lair of the Minotaur nicht
dabei, sie verzichten nur auf überflüssigen Technikfirlefanz, reduzieren die
Songs auf das Wesentliche, lassen sie aus dem Bauch, aus dem Gefühl heraus
entstehen. Eine Rechnung, die auch vollkommen aufgeht. Ich hoffe nicht, daß
diese Band hiermit einen Trend lostritt, der nur noch viertklassige
Trittbrettfahrer mit sich führt, aber selbst wenn, Lair of the Minotaur sind
ein absolut modefreies Powertrio und verwiesen jeden Anbiederer auf seinen
Platz ganz hinten in der Schlange.