The Hidden Hand : Mother Teacher
Destroyer
Doom, ganz klar, langsam vor
sich hin schlürfende Lavariffs und schleppende Rhythmen, die klangliche
Monotonie in Reinkultur und nur für wenige Leute zugänglich. Dafür
die spirituellste aller rockenden Musikformen. Was hat das mit The
Hidden Hand zu tun? Nun, Doomikone Scott
„Wino“ Weinrich, der einstmals bei Obsessed, Saint Vitus,
wieder Obsessed, Shine / Spirit
Caravan und dann Place
of Skulls das Mikro und zuweilen die
Gitarre schwang, hat sich im letzten Jahr eindrucksvoll mit seiner neuen
Band The Hidden Hand,
wo er eben nicht alleiniges Aushängeschild ist, zurückgemeldet.
Wichtigster Mann neben ihm ist Bruce Falkinburg, der auch bei den
progressiven Atmosphericpowerrockern Clutch
in Diensten steht und zudem noch viele der Leadvocalpassagen übernimmt.
Ein gutes Gespann, bei dem Drummer Dave Henessey aber nicht aussen vor
gelassen werden darf, denn er ist der Motor, die Groovemaschine, die die
Bass – und Gitarrenlinien der beiden Frontleute antreibt und
koordiniert. Schon der sehr eingängig scheinende Opener „The
Crossing“ macht eigentlich den Weg
deutlich, den The Hidden Hand
hier eingschlagen haben. Ein Höchstmaß an Kraft, tonnenschwere,
brodelnde Akkordfolgen – und fetzen, die sich zu festen Strukturen
zusammenfügen und von Bass wie Gitarre in gleichem Maße stammen.
Wuchtige, präzise Beats, elegante Schlagzeugfiguren, ungerade Rhythmen,
die dennoch den Fluß der Songs nicht unterbrechen und emotionsgeladene
Vocals. Dazu aber auch immer wieder getragene, sanftmütige Elemente,
schwebende Parts, in denen der Hörer versinken möchte, die ein
progressives Feeling verbreiten, ohne gleich in Gefrickel abzudriften,
Gitarrenläufe, die ihre Komplexität erst nach und nach preisgeben. Hab
ich die Leads erwähnt? Wino feuert sie oft und gerne ab, ewig lang kann
er sie ziehen, ohne daß sie an Spannung verlieren, sie blitzen, sie
singen, man möchte gar nicht, daß sie enden und doch erwartet man
sehnsuchtsvoll schon den nächsten wilden Lauf über Saiten und
Griffbrett.
The Hidden Hand
erweitern den traditionellen Doom um atmosphärische und progressive
Komponenten, ohne daß es wirklich zusammengeschustert klingen würde.
Die Songs haben einen sehr natürlichen Fluß, sie rocken, sie grooven,
sie packen Dich und wirbeln Dich umher. Ein Refrain wie in „Black
Ribbon“ ist brillant, so mitreißend,
schier explodierend, während der mit effekten psychedelisierte
Strophengesang Dich eher einlullt. Wino versteht es immer noch, die düstersten
Doomriffs von seiner Les Paul zu kratzen. Einzeln durchgerissene und
stehengelassene Akkorde, wie in „Sons of Kings“,
majestätisch, gekonnt monoton inszeniert, alles unter sich zermalmend.
An anderer Stelle brät er vollkommen hyperschwere und melodiefreie Geräuschorgien
ab, die die Sinne betören, so geschehen in „Desensitized“.
Du wirst sterben, beim Anhören dieses Albums. Zurück zu „Sons
of Kings“, inmitten der langsam walzenden
Doomorgie entfesselt sich ein wilder Part, wo das Schlagzeug wie
irrsinnig wirbelt, Bass und Gitarre furiose auf – und abwärts stürmende
Läufe bringen, im Grunde also typischer 70s Hardrock, nur mit wirklich
zeitgemässer Frische gespielt. Ich mag diese fetzigen Interludien
gerne. Psychedelisch wird es dann bei „The
Deprogramming of Tom Delay“, spaciges
Brummen bestimmt das Bild am Anfang, flangerüberlagerte
Akkordschrammen, dann der Einsatz vom Schlagzeug und schon brummt die
Gitarre regulär bösartig los, immer noch von den wabernden Spacesounds
effektvoll begleitet, bis der Song abrupt ein Ende findet und somit auch
das ganze Album...irre. Die Scheibe wird schon ihrem Namen gerecht, vor
allem der Zerstörer ist ein tragendes Element. Und der Lehrer
eigentlich auch, denn sie lehrt Euch die Geduld, die Ihr aufbringen müsst,
wenn Ihr Euch intensiv mit ihr beschäftigt, denn nur dadurch werden
alle ihre kleinen Details hörbar. Ihr werdet staunen, welch immenser
Tiefgang sich hier auftut. Definitiv eines der Highlights 2004
(c)2004, Sascha Maurer
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