Zwischen den Diskussionen um Drumsoli, Streiks, Patronengurte und die PubertÀt von schwedischen Kindern sind wir völlig von den eigentlich relevanten Dingen abgekommen, deswegen jetzt ein paar Zeilen zum Festival selbst:
MACEDON HARRIERS und SOLITARY SABRED waren wie erwartet gut. Erstere haben ihr komplettes Demo gespielt; "The Sun Of Macedooonia will ri-ise agaiiin" wurde zu einem unserer StandardsprĂŒche, der bei den vielen Sonnensymbolen in den Museen hĂ€ufig Anwendung fand.
Ebenso toll waren STRIKELIGHT, die seit ihrem ersten Album zur Speerspitze des griechischen Metals zĂ€hlen. Das NWoBHM-Outfit hat die AttitĂŒde der Band hervorragend unterstrichen. Greg hat Promos vom kommenden Album verteilt, das nicht lange auf sich warten lassen dĂŒrfte.
CONVIXION
Netter Anheizer am Freitag. Das "Violence & Force"-Cover war sicher nicht die kreativste Idee des Jahres, aber es macht immer wieder SpaĂ, die Band zu sehen. Das Album wurde pĂŒnktlich zum Festival veröffentlicht und da es einen Song namens "Heavy Metal re mounia!!" enthĂ€lt, kann es per definitionem nicht schlecht sein.
Drink Metal!DEXTER WARD
Zwei klasse Auftritte, sehr tight, straight und vor allem in bester US-Tradition. Ăber den hervorragenden SĂ€nger braucht man kein Wort zu verlieren. Wer BATTLEROAR mochte, sollte auch hier hinhören. Ein erstes 3-Track-Demo wurde vertickt. Ich wollte ein paar Exemplare fĂŒr deutsche Interessenten mitnehmen, doch waren die 100 StĂŒck sehr schnell ausverkauft. Ein volles Album folgt aber in BĂ€lde.
Sehr gefallen haben auch ARRYAN PATH, die in der ersten HĂ€lfte alle epischen Klassiker der Demos und des Albums wie "Piri Reis" und "Arryan Path" gespielt haben. In der zweiten HĂ€lfte wurde es schwĂ€cher und es kamen die dudeligen, symphonischen StĂŒcke zum Zuge, die schon auf Platte nerven. Ein OpernstĂŒck (ich glaube von Verdi), vom SĂ€nger inbrĂŒnstig dargeboten, war sehr ĂŒberzeugend, offensichltich hat er eine klassische Opernausbildung.
MARAUDER
Ebenfalls stark und stilecht mit scheinbar angeklebtem "This is Sparta!"-Bart des SĂ€ngers. Der Schwerpunkt lag wie angekĂŒndigt auf dem Album "1821", wobei mir das DebĂŒt besser gefĂ€llt. Der Auftritt wirkte jedoch insgesamt stimmig und authentisch. Ja, man hat ihnen angemerkt, dass sie Griechenland mögen. Und das mitten im autonomen Viertel...
RAGING STORM
Ich weiĂ nicht, wie viele Boardler die Band kennen und wie wenige davon sie mögen. FrĂŒher habe ich mich selbst noch ĂŒber RS und besonders den ĂŒbertrieben-kauzigen SĂ€nger lustig gemacht, doch in letzter Zeit konnte ich mich damit anfreunden, die Band bekommt dadurch gar einen interessanten, eigenen Reiz. So waren wir fast etwas enttĂ€uscht, als es live viel straighter und professioneller umgesetzt war und es wurden GerĂŒchte laut, der SĂ€nger hĂ€tte mittlerweile den Stimmbruch ĂŒberwunden. Im Ernst: es war ein guter Auftritt, etwas weniger episch als auf dem Album, aber trotzdem haben genĂŒgend griechische Fans die Band nach lĂ€ngerer Liveabstinenz gebĂŒhren gewĂŒrdigt.
"Heavy Metal - unbound an free..."ATLANTEAN KODEX
Seit 1832 haben Griechen die Bayern gern, von daher hatten ATLANTEAN KODEX einen guten Stand, was man dem Enthusiasmus der griechischen Fans angemerkt hat. Ein Hellene trug gar ein selbstgemachtes Shirt.
Der Auftritt unserer OberpfĂ€lzer war der zweitbeste des Festivals - das bedeutet, er war ungeheuer gut. Nachdem ich alle vier bisherigen Gigs gesehen habe, muss ich sagen, dass es fĂŒr mich sogar der beste der Band war. Technisch und objektiv betrachtet mĂŒsste man vielleicht dem Auftritt in WĂŒrzburg den Vorzug geben, doch die Stimmung war in Athen unschlagbar gut. Griechen, Kroaten und Deutsche haben in den ersten Reihen die Band gebĂŒhrend abgefeiert. Und es gab dieses Mal endllich eine kleine BĂ€rwurz-Zelebration.
DOOMSWORD vermochten es, eine unglaublich epische AtmosphĂ€re zu schaffen, wie selbst ich sie noch nicht erlebt habe. Der Aufritt war auf einem so hohen Niveau mitreiĂend, dass es kaum in Worte zu fassen ist. Durch die NĂ€he der Band zum Publikum entstand ein sehr authentisches Feeling. Noch dazu agierte Deathmaster in dem kleinen Club als wunderbarer Fronter, beugte sich stĂ€ndig in die Menge nach vorn (hat ĂŒbrigens noch ein sehr gutes Gebiss) und bezog das ganze Publikum ein. Die groĂe BĂŒhne auf dem KIT und das Tageslicht wĂ€hrend des Auftritts vor zwei Jahren haben eine Distanz geschaffen, die der Band nicht angemessen ist. Das war mir auch schon bei MANILLA ROAD aufgefallen, deren Auftritte auf kleinen BĂŒhnen viel besser funktionieren.
Auch der Sound war nahezu perfekt, die Band war technisch perfekt... doch das waren nur zwei Bausteine, die diesen Gig so gut machten. Die SchlachtenatmosphĂ€re in ihrer Dramatik mit all den tragischen Momenten, welche die Platten so spannend machen, kamen dieses Mal live wunderbar zur Geltung, auch wenn es natĂŒrlich insgesamt etwas roher war. Deathmaster hat wirklich etwas von einem Nordmann - barbarisch und trotzdem anmutig in der kriegischen StĂ€rke. Und er ist der einzige Musiker, dem ich zugestehe, auf der BĂŒhne ein Trinkhorn zu verwenden.
Die Songauswahl spielt fĂŒr mich bei dieser Band ansich keine so groĂe Rolle, sie können praktisch jedes Lied spielen. AuffĂ€llig war, dass das letzte Album wenig bedacht wurde ("Days Of High Adventure" und "Steel Of My Axe"), was jedoch sinnvoll erscheint, da es bei den letzten Konzerten ausgiebig vorgestellt wurde. So blieb mehr Zeit fĂŒr "Resound The Horn" und "Let Battle Commence", was vom Publikum dankend aufgenommen wurde. Gespielt wurden u.a. "Youth Of Finn McCool", "Onward Into Battle", Odin's Hail / Medley mit "The DoomSword" sowie "In The Battlefield", Heathen Assault", "The Siege" und "Woden's Reign". NatĂŒrlich wurden auch die essentiellen Klassiker des DebĂŒts dargeboten ("Sacred Metal", "Warbringers" sowie endlich wieder "Swords Of Doom"). Als einziges hat mir "One Eyed God" gefehlt, allerdings hatte Deathmaster dieses schon mit DARK NIGHTMARE auf dem UTH 2 gesungen, sodass es zu verschmerzen war. Als Zugabe gab es "The Siege", wonach einige vergebliche Rufe nach mehr immer noch nicht verstummten.
Es war unglaublich, wieviel UnterstĂŒtzung die Band seitens des enthusiastischen Publikums erfahren hat. Gleichzeitig war das, wie Wildfire bereits angedeutet hat, etwas anstrengend. Man stelle sich vor: 300 Griechen versuchen zugleich in die erste Reihe zu gelangen. Kein Wunder, dass der durchschnittliche Perser es da mit der Angst zu tun bekommt.
Ein neues, vielversprechendes Lied vom kommenden Album haben sie auch gespielt ("Wrath Of The Gods" (?) ), dieses zeigte viel spielerische Finesse und stimmungsvolle Vocallines, wollte aber in seiner GĂ€nze noch nicht zĂŒnden. Ăberhaupt, so zwitschern die Vögel, wird das neue Album deutlich anders sein als sein VorgĂ€nger, merklich komplexer und es soll einige Zeit benötigen, bis es sich komplett erschlieĂt. Einen Veröffentlichungstermin wollte, ungeachtet allen Bittens, noch niemand nennen, aber es soll wohl "soon" sein.
Nach dem Ausstieg von Forger ist ĂŒbrigens Gianluca Silvi (BATTLE RAM, JOTENHEIM), ein langjĂ€hriger AnhĂ€nger und Freund der Band, neuer Livegitarrist. Er wirkte selbst gerĂŒhrt, mit den mĂ€chtigen DOOMSWORD spielen zu dĂŒrfen.
Um dem Pathos noch die Krone aufzusetzen, bleibt noch das Schlusswort: Dieser DS-Auftritt war wohl eines der besten Konzerte meines Lebens.
Generell muss man sagen, dass das ganze, das Festival umgebende Flair einen groĂen Einfluss auf das Gesamtbild hat. Kaum ist man in Museen vor jahrtausende alten Kunstwerken oder auf antiken Ruinen gestanden, schon befindet man sich vor ein paar unglaublich guten Epic Metal Bands in einer Menge anderer Fanatiker.
Athen ist nicht schön, aber spannend. Abgesehen von dem Metalleben - das sowieso nur einmal im Jahr in dieser Form existiert - hat die Stadt viel zu bieten. Der Kontrast zwischen antikem Erbe und funktionalen, gesichtslosen und immer gleichen Betonklötzen der 50/60er Jahre ist beeindruckend. Dazu kommt das Flair im alternativen Viertel Exarchia.
Das VerhÀltnis der Fans untereinander sowie zu den Bands, die sich fast allesamt als ungeheuer offen und fannah zeigen, sucht so auch seinesgleichen.
Ein weiterer interessanter Effekt bei einem Festival in der Hauptstadt ist, dass man Gelegenheit hat, das Land und alltĂ€gliche Leben kennen zu lernen. Es war sehr interessant, sich mit "normalen" Menschen zu unterhalten, u.a. mit einer Deutschlehrerin im Supermarkt oder Demonstranten auf einer GroĂkundgebung, wĂ€hrend im Hintergrund antistaatliche KrĂ€fte versuchten, das Innenministerium zu stĂŒrmen. Vorbehalte gegenĂŒber Deutschen gab es ĂŒbrigens nicht.
Den perfekten Ausklang nach dem gradiosen Festival und dem alles ĂŒberragenden DOOMSWORD-Gig in der letzten, durchzechten Nacht bot ein nahegelegener HĂŒgel, auf dem wir zu den KlĂ€ngen von SOLSTICEs "New Dark Age" den Sonnenaufgang abwarteten. AnschlieĂend stand noch der obligatorische Akropolisbesuch an ... Oh mann, waren wir danach fertig. Zu allem Ăberfluss hatte der Flieger VerspĂ€tung und dann hat die Deutsche Bahn noch die RĂŒckfahrt vermasselt, was langes Warten in brandenburgischen KĂ€ffern und eine Ankunft spĂ€t in der Nacht bedeutete. Insgesamt waren das 14 Stunden Heimreise. NatĂŒrlich musste ich gleich Montag Morgen in die Uni: nach nur drei Stunden Schlaf stand ein Blockseminar "Kulturmanagement" an. Kleine Annekdote dazu: Ein MĂ€del meinte dort als Beispiel fĂŒr einen schlechten Standortfaktor, dass sie kĂŒrzlich auf einem Konzert in einem Club unserer Stadt war, zu dem sie nicht mehr gehen wird, da er katastrophal gelegen ist. Sie musste ĂŒber 10 Minuten bis zur nĂ€chsten Haltestelle laufen und dort 20 Minuten auf die StraĂenbahn warten. Well... Da wusste ich, dass ich wieder in der deutschen RealitĂ€t bin.
Das waren nur ein paar kurze Impressionen, kompletter Bericht von Stormwitch und Fotos folgen.