von Prof » 28. November 2006, 16:07
Der eine oder andere Sacred-Metaller wird seine Karte fĂĽr die Maiden-Tour bereits lange her gekauft haben. Obwohl 'A matter of life and death' seine ZĂĽndungszeit braucht, steht wohl fest, dass hier nicht das schlechteste Maiden-Opus verewigt wurde. Die Tour ist durch die Bank ausverkauft.
Gestern Abend gaben die Eisernen Jungfrauen ihr einziges NL-Konzert in der grossen Brabanthalle in Den Bosch - und siegten auf fast allen Fronten vor ausverkauftem Hause. Es war so etwas wie ein metallisches Volksfest, wo trotz unterschiedlichsten Fanschichten eine freundliche, ausgelassene Atmosphäre herrschte. Keine einzige falsche Note bei sovielen tausenden von Leuten, das ist heutzutage eher die Ausnahme - und einfach das beste überhaupt.
Zwei Supports gab es zu, äh, überwinden, und zwar Lauren Harris und Trivium. Die Tochter von Steve Harris macht unkarakteristisch traditionellen Heavy Rock, irgendwo zwischen AC/DC und Lee Aaron/Joan Jett. Die 08/15-Ware haute keinen so richtig vom Hocker, obwohl mit 'Come on over' ein kleiner Partyhit dabei war. Das UFO-Cover 'Natural thing' geriet aber völlig daneben - es gibt halt auch nur einen Phil Mogg.
Mit Trivium hatte ich mich vorher nicht beschäftigt; das thrashige Material war ab und an sehr 'Master of Puppets'-Metallica-lästig (was nicht zuletzt am Leadsänger/-Gitarristen lag), wurde aber sehr tight gespielt. Der Gig ging in Ordnung, auch wegen dem melodischen Touch der aggressiven Songs. Trotzdem wären hier natürlich Pharaoh oder Crescent Shield als Support um längen besser aufgehoben gewesen. Aber welches Kleinlabel kann/will sich das leisten?
Dann kamen, nach einer kurzen Umbaupause, Iron Maiden und boten vor euphorischer Coulisse eine Show die im wahrsten Sinne Metal war. Keine Kompromiss-Mixtur aus alten Songs und neueren Stücken wurde diesmal geboten: 'A matter of life and death' gab es nämlich in extenso. Spielfreude, Technik, die Megabühne in grüner Kriegstarnung, Bruce wie gewohnt in der Speedy Gonzales-Rolle, Eddie als britischer Soldat, der Panzer am Schluss - Maiden gaben sich in Höchstform. Ironie am Rande: die Bomben fehlten.
Dass Dickinson sich mit den manchmal schwierigen Vocallines hier und da schwer tut, trübt den positiven Gesamteindruck kaum. Auffallend war, dass er auch live sehr viel Gefühl in den ruhigeren Parts zum Ausdrück bringt. Hoffentlich wird die Band bzw. Steve Harris das auf der kommenden Platte kompositorisch mehr zu schätzen wissen.
Erstaunlich war schon wie gut die progressiven Stücken gespielt wurden und ditto beim Publikum ankamen. Vor allem die drei Gitarren harmonierten hervorragend, und dass Janick Gers trotz seinem üblichen Gepose wieder einige äusserst gefühlvollen Soli beisteuerte, sollte auch mal gesagt werden. Der Snare-Rhythmus von Sir Nicko war dazu gnadenlos peitschend - ich hätte als Clive Burr-Verehrer nie gedacht dass McBrain nochmal dieses Niveau erreichen würde, aber voilà .
Wie gesagt gab es keine Kompromiss-Setlist. Zwar wurden nach 'AMOLAD' noch 'Fear of the dark', 'Two minutes to midnight' (immer einer der schwächsten IM-Singles), 'Hallowed be thy name' (göttlich) und natürlich 'Iron Maiden' gespielt, aber die Fans von 'Killers' zum Beispiel gingen leer aus. Da die zweite Iron Maiden-Platte für mich immer die beste geblieben ist, war das hart. Die Mut der Band, das Hauptaugenmerk auf das neue Album zu legen, gilt es dennoch nur zu applaudieren. Am Ende des tollen Gigs kündigte Onkel Bruce Bruce noch eine Sommertour für 2008 an, mit 'lots of eighties stuff'. Na also.
Noch ein Wort zum Abschluss? Bitte sehr.
Dieser Abend machte wieder mal klar, dass Maiden eindeutig die Band sind die sämtliche Schichten und Generationen von Metalheads zu begeistern - = vor ihren Fernsehern/PlayStations hervorzulocken - weiss. Und dazu noch Mega-CD-verkäufe erziehlt in einer Zeit in der Metal nur noch Undergroundpräsenz hat und das illegale Kopieren/Downloaden anscheinend von sowohl Eltern als Kindern als völlig normal empfunden wird. Alle Achtung.
Ob ein Tourshirt da 35 Euro kosten muss, ist eine andere Frage - offensichtlich stört das die Fans nur begrenzt, denn die Merchandiser verkauften trotzdem. Was einem älteren Metaller ohnehin auffällt, ist dass heutzutage soviele Fans - jung oder etwas älter - mit dem Auto zum Konzert kommen und recht teuere Markenklamotten und -Schuhe tragen, wo circa 1981 der Zug das Transportmittel schlechthin war und man Billigmarktjeans trug. Ergo: der Lebensstandard ist in 26 Jahren erheblich höher geworden. Ein T-Shirt 35 Euro? Kein Problem. Ein Bier 3 Euro? Anscheinend auch kein Problem.
Anno 2006 ist auch Metal heimlich Mittelschicht geworden, obwohl die Szene das oft nicht wissen möchte. Man muss damit leben - und wenn die Musik stimmt, dann kann man das auch.
In diesem Sinne: 'Up the Irons!'